Yves Klein (1928 Nizza—-1962 Paris)
36 Monochrome (IKB 180), 1958; Leinwand; 65x54 cm; Inv. Nr.: P18M; erworben: 1995
Provenienz
Mme. R. Gasperini, Nizza
IKB ist die Abkürzung für «International Klein
3lue», ein tief leuchtendes Ultramarinblau.
«Das Blau hat keine Dimension», schreibt
Yves Klein 1960 in Mon Livre. «Es ist außer-
halb der Dimensionen, deren die anderen
Tarben teilhaftig sind.» Das Blau ist für Klein
die Inkarnation des kosmischen Allgefühls
ınd — wie alle anderen reinen Farben auch —
der totalen Freiheit. Sein erstes blaues Bild,
den weiten, südlichen Himmel, «signierte»
er achtzehnjährig, rücklings auf dem Strand
von Nizza liegend. Noch Jahre später erin-
1erte er sich an den Hass, den er den Vögeln
gegenüber empfand, weil sie, hin und her
‘liegend, sein größtes Werk durchlöcherten
Frühe Versuche, diese poetischen
Raumgefühle zu materialisieren, fielen in
seine Londoner Jahre 1949/50, als er bei
dem Rahmenmacher und Vergolder Robert
Savage arbeitete und, von der magischen
„euchtkraft des reinen Farbpuders fasziniert,
seine ersten Monochrome schuf. Doch ver
loren die Farbpigmente, sobald sie mit
Bindemittel versetzt wurden, an Leuchtkraft.
Jngebunden blieben sie auf der Leinwand
Freilich nicht haften. 1955 fand Klein dann
gemeinsam mit dem Pariser Chemiker
Edouard Adam eine praktikable Lösung.
Anstelle eines herkömmlichen Bindemittels.
benutzten sie verdünntes Rhodopas, ein
Petroleum-Extrakt, der üblicherweise
zum Fixieren verwendet wurde. Der mit
Rhodopas M60A vermischte Farbpuder,
der schnell trocknete und zudem giftig
war, wurde von Klein mit Farbrollen auf die
Leinwand übertragen —- ein künstlerisches
Vorgehen, das bewusst jede individuelle
Handschrift ausschloss. Die Leuchtkraft der
Farbpigmente blieb bei gleichzeitiger Haf-
tung erhalten. Das Bild lebte und war nun
eine adäquate Materialisierung des kosmi-
schen Raumgefühls, von Klein im Allgemei-
nen «kosmische Sensibilität», zuweilen auch
xreine» oder «poetische Energie» genannt.
Sie ist in der Wirkung und Bedeutung
ıicht ein für allemal festgelegt, sondern
abhängig von der jeweiligen Disposition des
Betrachters. Den Nachweis erbrachte eine
Ausstellung in der Galerie Apollinaire in
Mailand im Januar 1957, Yves Klein stellte elf
n Farbe, Größe (78x56 cm) und Machart
dentische Bilder aus, die er mit unterschied
ichen Preisen versah. Die Käufer gaben ihrr
Recht — sie bezahlten für die individuell
Jnterschiedliche Erfahrung einen jeweils
anderen Preis. Sein Konzept war, seinen
eigenen Worten zufolge, aufgegangen:
«Jeder der blauen Vorschläge (proposition
= Bild), alle von der gleichen Erscheinung,
wurden vom Betrachter trotzdem als sehr
verschieden wahrgenommen. Der Laie ging
einfach von einem Bild zum anderen und
durchdrang die Welt des Blaus durch spor
tane Kontemplation. Aber die blaue Welt
eines jeden Bildes, obwohl vom selben Blau
And in der gleichen Weise präsentiert wie
die anderen, war von einer völlig anderen
Essenz und Atmosphäre. Keines glich dem
anderen — nicht mehr als malerische oder
poetische Momente einander gleichen —
obwohl alle die gleiche erhabene und sub-
ctile Natur (des Immateriellen) besaßen.»
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