Volltext: Werke aus der Hilti art foundation

Henry Moore (1898 Castleford/Yorkshire-1986 Much Hadham) 
30 Head of Draped Reclining Figure, 1952/53 (Guss: 1959/Unikat); Bronze; Höhe: 28 cm; Inv. Nr.: S10M; erworben: 1992 
Provenienz 
Irina Moore; 
Mary Moore Danowski 
Der Bronzekopf wurde 1959 als einziges 
Exemplar nach dem Kopf jener Draped 
Reclining Figure gegossen, die Henry Moore 
1952/53 für die Terrasse des Time-Life- 
Gebäudes in der Londoner New Bond Street 
geschaffen hat. Die Figur, eine weibliche 
Person, liegt mit erhobenem Oberkörper auf 
Unterarmen, Gesäß und Füßen, gleichsam 
als habe sie sich auf einer sommerlichen 
Wiese niedergelassen und beobachte im 
sicheren Bewusstsein ihres physischen 
Daseins das Treiben der Welt mit wohlwol- 
lender Gleichgültigkeit. Der Kopf ist zur 
Seite gewandt, der Blick geht rechts an den 
angewinkelten Knien vorbei. Faltenreich 
umspielt das schlichte Kleid die gerundeten 
Körperformen und gibt ihnen ein weitge- 
hend geschlossenes Volumen, ohne doch 
die Details gänzlich zu verhüllen. Die 
Betrachtung antiker Skulpturen während 
seiner ersten Griechenlandreise im Jahre 
1951 regte Moore zu solch differenzierter 
Drapierung an. 
Auch der Kopf selbst, der auf einem 
kräftigen, zylindrischen Hals ruht, präser 
tiert sich in erster Linie als geschlossenes 
Volumen, das durch die Fülle des Haares 
eine zusätzliche Betonung erfährt. Schrun- 
dige Vertiefungen beleben die Oberfläche 
des Werkes. Augen, Nase und Mund sind 
so zurückhaltend ausgebildet, dass sie dem 
Gesicht kaum individuelle Züge verleihen. 
Vielmehr ist es von «archaischer» Simplizität 
geprägt, die sich jeder psychologischen 
Deutung entzieht. Nicht Seele, sondern 
Körper, d.h. Kopf als pars pro toto, tritt hier 
plastisch in Erscheinung und beansprucht 
räumliche Präsenz 
Henry Moore hat neben dem vollständi- 
gen Körper immer wieder auch Kopf und 
Hände des Menschen hinsichtlich ihrer 
“ormalen Eigenschaften befragt. Die vielfälti- 
gen Antworten, die sich ihm daraus erschlos 
sen, führten nicht zur Formulierung eines 
<lassischen Schönheitsideals. Schon durch 
sein Interesse an altmexikanischer, afrikani- 
scher, frühgriechischer und romanischer 
Skulptur sowie an den Werken Brancusis, 
?icassos (vgl. Kat. Nr. 4) und Archipenkos 
{vgl. Kat. Nr. 11) entwickelte er eine bild- 
nerische Vorstellung von dem, was Herbert 
Read, der große Kenner moderner Plastik, 
als «Verdichtung der vitalen Kraft» bezeich- 
net hat. Sie erst erhebe eine Form, wie 
sarchaisch» sie auch sein mag, zum Kunst- 
werk. So sollte auch der hier besprochene 
Kopf unter dem Aspekt der «Verdichtung» 
wahrgenommen werden, die es ermöglicht, 
über die Darstellung hinaus die «Form ein- 
fach als Form zu empfinden» (Henry Moore) 
U.W.
	        

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