Volltext: Der Kleinstaat als Akteur in den Internationalen Beziehungen

scheint die internationale Staatenwelt neuerdings immer mehr in ein po- lyzentrisches Netzwerk aus kleineren Staaten zu zerfallen, die aller dings im Rahmen internationaler Organisationen zunehmend in weitrei chende transnationale Verpflichtungen und Kooperationsstrukturen eingebun- den werden. So ist das heutige kleinstaatlich geprägte Europa auf den Ruinen katastrophal misslungener multiethnischer Reichsbildungen entstanden. Die erste Gründungswelle erfolgte nach den napoleonischen Erobe - rungs feldzügen am Wiener Kongress, die zweite Welle im Gefolge des Ersten Weltkriegs nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie und des Osmanischen Reiches, die dritte Welle ganz zwanglos aus der Auf - lö sung Jugoslawiens und der UdSSR. Die Konsolidierung völkerrechtlicher Ordnungsstrukturen und kollektiver Sicherheitssysteme wirkt sich auf Kleinstaaten besonders förderlich aus, weil sie dadurch – einen «Basisstatus» nationaler Souveränität zugewiesen erhalten, der ihnen unabhängig von ihrer Grösse umfangreiche Rechte verleiht; – erstmals die Möglichkeit gewinnen, an praktisch beliebigen Stand - orten zu «überleben» – nicht mehr genötigt sind, zum Schutze ihrer relativ umfangreichen Gren zen entweder eine hohe Eigenmilitarisierung zu betreiben oder sich in hegemoniale Abhängigkeitsverhältnisse zu grösseren Nachbarstaaten zu begeben. So ähnelt das Verhältnis der zahlreichen Kleinstaaten zur inter na - tionalen Staatenwelt immer mehr dem Verhältnis des Einzelbürgers zum Staat: denn in ganz analoger Weise hängen seine Autonomiechancen von der Existenz einer sich selbst begrenzenden institutionalisierten Herr - schaftsordnung ab, die unveräusserliche Grundrechte garantiert. Zudem entstehen im Rahmen multilateralisierter Organisations- und Normstrukturen für den Kleinstaat vielfältige neue Möglichkeiten der Partizipation und Einflussnahme, bei denen die Beschränkungen sei- ner Ressourcen weniger als bisher spürbar werden. In einer Zeit, wo die grossen Länder sich immer mehr ihren inne - ren Problemen zuwenden, werden die Kleinstaaten paradoxerweise ge - nö tigt, einen genau umgekehrten aussenpolitischen Paradigmen wech sel zu vollziehen. Anstatt in einer 
Welt voller Risikenin defensiver Weise ihre «Selb - stän digkeit» zu erhalten, geht es heute darum, in einer 
Welt voller Chan - 153 
Über die historische Entwicklung und Stellung kleiner Staaten
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.