Volltext: Der Kleinstaat als Akteur in den Internationalen Beziehungen

lem im Rahmen von Veto-Entscheidungen) im Verhältnis zu ihrer Po pu - lation weit überdurchschnittliche formelle Kompetenzen geltend ma- chen können, während sie umgekehrt im Europäischen Parlament inso- fern akzentuiert werden, als die demographischen Verhältnisse rela tiv proportional in der Zahl der Mandate zum Ausdruck kommen. Je kleiner ein Staat, desto mehr liegt es in seinem objektiven In - teresse, dass die «Nation» als eigenständiges, mit unantastbaren Grund - rechten ausgestattetes Rechtssubjekt völkerrechtliche Anerkennung fin - det, weil er ohne den Schutz einer derart kollektivistischen Identitätszu - rechnung Gefahr läuft, ausschliesslich nach der geringen Anzahl seiner Einwohner und dem niedrigen absoluten Niveau seines Sozialprodukts taxiert zu werden. Umgekehrt sind grössere Staaten eher an einem Völkerrecht inte- ressiert, das die Grundrechte des Einzelindividuums betont, weil sie da- durch die Legitimation gewinnen, a) in die Binnenverhältnisse kleiner Staaten einzugreifen, um dort Men - schen rechtsverletzungen zu verhindern b) sich «nominalistisch» als Summe individueller Einzelbürger dar zu - stellen und dadurch ihre quantitative Überlegenheit, die sie früher in der Kriegsführung in Gestalt einer überlegenen Truppenstärke ausgespielt haben, nun in der zivilisierteren Form zahlreicher Parlamentsmandate, Kom missionssitze und Stimmengewichte zur Geltung zu bringen. Als problematische Sozialromantik muss in diesem Zusammen - hang die in der EU bestehende Vorstellung gewertet werden, dass die Natio nen Europas künftig nicht mehr bloss wie Nachbarn neben ein - ander existieren, sondern als «Gemeinschaft» zusammenleben sollen: so wie Familienmitglieder im selben Haus. Für die grösseren Mitglieder mag dies noch tolerierbar sein, da sie im Zweifelsfall genügend Macht haben, um sich durchzusetzen. Für die Kleineren dagegen beinhaltet «Gemeinschaftlichkeit» das Risiko, be lie - bigen äusseren Einmischungen ausgesetzt zu sein, ohne dass sie zu ihrem Schutz mehr die klassisch-völkerrechtlichen Prinzipien der Nicht ein - mischung anrufen können.20Die informelle multilaterale Sank tionierung 151 
Über die historische Entwicklung und Stellung kleiner Staaten 20Geser, Ohne «Gemeinschaft» gäbe es mehr Alternativen. Kleinstaatliche (und ande- re) Vorbehalte gegen ein antiquiertes Konzept europäischer Integration. In: Die Schweiz und Europa. Schweizerisches Jahrbuch für politische Wissenschaft 32, 1992, S. 389–415; Ders., Was ist eigentlich ein Kleinstaat? In: Kirt/Waschkuhn (Hrsg.), Kleinstaaten-Kontinent Europa. Probleme und Perspektiven, 2001.
	        

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