Volltext: Der Kleinstaat als Akteur in den Internationalen Beziehungen

Demgegenüber weist zum Beispiel Stefan Kux in seiner Habilita - tions schrift darauf hin, dass das traditionelle sicherheitspolitische Interesse grosser Staaten, sich durch einen «cordon sanitaire» peripherer Klientenstaaten vor Fremdinvasionen zu schützen, heute weitgehend hinfällig geworden sei, weil derartige Pufferstaaten dem Kernland keinen Schutz vor nuklearen Fernlenkwaffen mehr bieten.17 (So war die widerstandslose Selbstauflösung der Sowjetunion ge - mäss Bialer auch dadurch bedingt, dass damit für die sich verselb stän di - gen den Republiken kaum Verluste an nationaler Sicherheit verbunden waren).18 Weil sie davon entlastet sind, allein aus sicherheitspolitischen Grün - den Expansions- oder Hegemonialpolitik zu betreiben, sind Gross staaten heute leichter bereit, allen angrenzenden Staaten volle Auto no mie zu gewähren, – sie im Falle eines Angriffs allerdings auch nicht zu schützen. Dementsprechend sind die Kleinstaaten davon befreit, als fungible «Manövriermasse» zwischen Machtblöcken zu dienen und sehen sich nicht mehr vor das Dilemma gestellt, ihr Überleben (bzw. ihre Si cher - heit) durch weitgehende Subordination unter eine Schutzmacht be zah - len zu müssen. Hinzu kommt, dass selbst die Fremdkontrolle sehr kleiner Staaten mit erheblichen Aufwendungen und Risiken verbunden ist, weil die au- tochthone Bevölkerung über ein im Vergleich zu früher reicheres Spek - trum verschiedener Widerstandsformen (Streiks, Kooperationsver wei - gerung, Guerilla-Kriegstaktiken usw.) verfügt. Zu den vielfältigen Paradoxien des Nuklearzeitalters gehört, dass es einerseits immer besser möglich geworden ist, fremde Staaten zu bedrohen und zu vernichten, andererseits aber immer schwieriger, sie effektiv und dauerhaft zu kon- trollieren. Seit den Zeiten Dschinghis Khans hat sich die geographische Mobi - li tät militärischer Streitkräfte trotz der immensen Zunahme der Trans - port kapazitäten dauernd verringert, weil entfernt operierende Truppen sich heute nicht mehr selber versorgen können, indem sie ihre Pferde wei den lassen und von den örtlichen Bauern Nahrungsmittel requi rie - ren. So beruht der reale Existenzschutz heutiger Klein- und Kleinst staa - 145 
Über die historische Entwicklung und Stellung kleiner Staaten 17Kux, Revolution und Aussenpolitik. Habilitationsschrift, 1992. 18Bialer, Gorbachev’s Program of Change: Sources, Significance, Prospects. Political Science Quarterly 103, 1988, S. 459 ff.
	        

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