Volltext: Der Kleinstaat als Akteur in den Internationalen Beziehungen

«Balance of Power»-Konstellation in Kontinentaleuropa seit dem West - fälischen Frieden, auf deren Basis das klassische Völ ker recht entstanden ist, das auch kleinsten Staaten eine gewisse Sicherheit vor Fremdinva sio - nen verschaffte; oder in jüngster Zeit die jahrzehnte lange nukleare Pattsituation der beiden Supermächte, die eine günstige realpolitische Grundlage für das Unabhängigwerden nachkolonialer Kleinstaaten bot. Ein weltpolitischer Beobachter musste noch im 19. Jahrhundert an- gesichts der nationalen Einigungsbestrebungen und der expandieren den Kolonialreiche zu der – neulich noch vom Ethnologen Carneiro11ernst- haft vertretenen – Schlussfolgerung gelangen, dass seit der Zeit neustein- zeitlicher Dorfsiedlungen ein konstanter Trend zur Bildung immer grossräumigerer territorialer Staatsordnungen im Gange sei, der mögli- cherweise erst in einem allumfassenden Weltstaat sein Ende finden wür- de.Er hatte sich bei dieser Prognose sicherlich auf die spektakulären Fort schritte in der Transport- und Kommunikationstechnologie ge - stützt, die es zunehmend leichter machen, derartige Gebilde zu schaffen und politisch-administrativ zusammenzuhalten. Inzwischen haben sich diese Technologien zwar in dramatischem Aus mass weiterentwickelt – aber dennoch bietet die Weltlage ein völlig anderes Bild. Aus dem Zu - sam menbruch der Kolonialreiche und prak tisch aller multinationalen Staats bildungen (Österreichisch-ungarisches Reich, Osmanisches Reich und neuerdings die Sowjetunion) sind in der zweiten Hälfte den 20. Jahr hunderts in rascher Folge zahlreiche neue Kleinstaaten entstan- den, die mit den grösseren Staaten grösstenteils völlig friedlich und be- drohungsfrei koexistieren und praktisch nirgends die Tendenz zeigen, sich erneut zu grösseren politischen Einheiten zu verbinden. Es gibt manche Anzeichen, dass dieser Zerfallsprozess in Zukunft rasch weiter voranschreiten wird, weil in zahlreichen Staaten 
virulente Sezessionsbestrebungenim Gange sind, während umgekehrt Projekte zur 
Vereinigungbisher autonomer Staaten kaum vorkommen und mili - tä rische Annexionsversuche seit längerem meistens erfolglos abgebro - chen werden. So scheint es viel wahrscheinlicher, dass multiethnische National staaten wie Kanada, Belgien, Spanien, Russland, Indien oder 141 
Über die historische Entwicklung und Stellung kleiner Staaten 11Carneiro, Political Expansion as an Expression of the Principle of Competitive Ex - clu sion. In: Cohen/Service(eds.), Origins of the State: The Anthropology of Politi - cal Evolution. Institute for the Study of Human Issues, 1978, S. 295–223.
	        

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