7. Zukünftige Herausforderungen: Vom «künstlichen» zum «virtuellen» Staat Nachdem somit festgestellt werden konnte, dass die Kategorie «Kleinststaat» als eigener völkerrechtlicher «Typus» mit speziellen völ- kerrechtlichen Charakteristika nicht existiert, sollen nachstehend in der Literatur kaum diskutierte Grenzfälle von Staatlichkeit dargestellt wer- den, und zwar zum einen
«künstliche» Staaten, die zwar nicht alle Staatselemente auf sich vereinen können, zumindest aber über irgendein materielles Substrat eines der drei Staatselemente verfügen, sowie zum anderen auch sog.
«virtuelle» Staaten, die nicht einmal darauf verweisen können, sondern lediglich im Internet als «Staaten» aufscheinen und da- mit über keine reale Existenz verfügen. Anhand ersterer Kategorie lässt sich die in der Literatur des öfte- ren vorgenommene Technik, die einzelnen Staatselemente beinahe bis auf Null zu reduzieren sehr schön veranschaulichen, während letztere Kate go rie – in all ihrer Verstiegenheit – einen (untauglichen) Versuch dar stellt, die mit Staatlichkeit verbundenen Hoheitsrechte kommerziell zu
nutzen. 7.1 Der «künstliche» Staat In den gegenwärtigen internationalen Beziehungen existieren eine Reihe von staatsähnlichen Gebilden, die für sich beanspruchen, zumindest Staa ten «in statu nascendi» zu sein, ohne dass ihnen das Völkerrecht aber diese Qualität zubilligt. Wenngleich diese Einheiten darauf verweisen können, dass auf sie zumindest einige der Staatskriterien zutreffen, so fehlt ihnen entweder ein essentielles Element, wie z.B. ein genügend grosses
Staatsvolkmit intergenerativer Selbstrekrutierungsfähigkeit oder ein entsprechendes (natürliches)
Territoriumals genügend grosser Teil der Erdoberfläche, um auf ihm das Staatsvolk radizieren zu können – wie dies z.B. im nachstehend dargestellten «Fürstentums Sealand» der Fall ist. Aber auch fehlende
Staatsgewalt– wie in den noch zu behan - deln den Fällen der «Conch Republic» bzw. der «Hutt River Province Principality» aufzuzeigen sein wird – disqualifiziert völkerrechtlich ein selbst proklamiertes Staatswesen als solches. Die vierte Disqualifikation resultiert schliesslich aus der fehlenden
Anerkennungauch eines ver - 118Waldemar Hummer