Volltext: Medien in Liechtenstein

klar, dass es sich bei diesem fürstlichen Berufsverbot für ein öffentliches Amt um einen Verstoss gegen die Freiheit der Meinungsäusserung und somit um einen Verstoss gegen Art. 10 EMRK handelte.213Die Bedeu - tung und Wirksamkeit der EMRK wurde somit in Liechtenstein nach- haltig in Erinnerung gerufen. Eine weitere Bekräftigung der Anwend - bar keit der EMRK brachte das Urteil des StGH vom 22. Juni 1995, wo- nach der verfassungsmässige Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit auch für Angehörige von Be rufs gruppen gilt.214 Es ist noch zu erwähnen, dass sich der Grundrechtskatalog in der neuen schweizerischen BV an der EMRK, einschliesslich der darauf ba- sierenden internationalen Rechtsprechung, orientiert.215Auch aus die- sem Grunde ist zu erwarten, dass die künftige Rechtsprechung in Liech - ten stein an einer starken Berücksichtigung der Grundrechte festhalten wird. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass die Recht spre chung keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Rechtslage in Liech ten stein zeigt. Das Urteil des EGMR hat weder zur Beseitigung des unzuläng - lichen Instanzenweges, noch zu einer Beseitigung des Zustandes, der zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führen kann, 
geführt.216115 
Verfassung und Grundrechte 213Herbert Wille, damals Vorsitzender der VBI, hielt am Liechtenstein-Institut einen Vor trag, in welchem er u.a. ausführte, dass im Falle eines Konflikts zwischen Fürst (Regierung) und Volk (Landtag) der Staatsgerichtshof als Schiedsgericht fungiere (Bericht im Liechtensteiner Volksblatt v. 17. Februar 1995). Der Fürst orientierte Her bert Wille daraufhin, dass er ihn aufgrund dieser Verfassungsinterpretation künftig nicht mehr für ein öffentliches Amt ernennen werde (Brief v. 27. Februar 1995). Am 25. August 1995 wandte sich Wille mit einer Beschwerde an die Kom mis - sion des EGMR wegen Verletzung von Art. 6, 10, 13 und 14 EMRK. Die damalige Kommission des EGMR erklärte die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Mai 1997 für zulässig und leitete den Fall an den EGMR weiter. Der Entscheid fiel am 28. Ok - to ber 1999. Inzwischen war Wille tatsächlich vom Landesfürsten mit brieflichem Ent scheid vom 17. April 1997 nicht zum Präsident der VBI ernannt worden, nach- dem der Landtag Wille für dieses Amt vorgeschlagen hatte. Im Entscheid des EGMR ging es allerdings nicht um diese Nichternennung, sondern um die im Brief vom 27. Februar 1995 und nachfolgenden Stellungnahmen des Fürsten angedrohte Nichternennung für ein öffentliches Amt. (Ausführlich bei Europarat 1999; Batliner 1998; Frowein 1995; Höfling 1995. 214Es ging im Fall StGH 1994/18 um Redewendungen des Beschwerdeführers in Rechts mitteln, wobei vor allem die in zwei Rechtsmitteln verwendete Formulierung inkriminiert wurde, dass beim Landgericht ein «wahrhaft kafkaesker Zutand» herr- sche. LES 1995, S. 122 ff. 215Kley 2000, S. 187 ff. 216Nach der Volksabstimmung vom 16. März 2003 über die Revision der Verfassung ge mäss den Vorschlägen des Fürstenhauses wurde der monierte rechtliche Zustand noch weiter zementiert.
	        

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