Volltext: Medien in Liechtenstein

Bestrafung wäre demgegenüber als eine Art Zensur aufzufassen gewe- sen.210Er stellt in einem Entscheid fest, dass Art. 248 StGB nicht grund - sätz lich gegen die LV und die EMRK verstosse, dass die Angriffe gegen den Staat aber so schwer sein müssten, dass sie dessen rechtsstaatliche, verfassungsmässige Ordnung in Verruf oder Gefahr bringen müss ten.211 Diese Entscheidung steht im Einklang mit der Haltung des EGMR, wo- nach auch eine repressive strafrechtliche Sanktion im Ergebnis die Wir - kung einer Zensur haben kann.212 Die Grundrechtsthematik wurde zusätzlich durch den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR im Fall Wille forciert, welcher ebenfalls Auswirkungen auf die Pressefreiheit hat. In diesem Fall ging es um eine Form des Berufsverbots, die vom Lan desfürsten gegen den damaligen Vorsitzenden der Verwaltungsbe - schwer deinstanz (VBI), Herbert Wille, in der Folge eines wissenschaft - lichen Vortrags ausgesprochen wurde. Der EGMR kritisierte dabei nicht nur den fehlenden innerstaatliche Beschwerdeweg, sondern stellte auch 114Medienrecht 
210Der StGH bezieht sich in seinem Urteil ausdrücklich sowohl auf Art. 40 LV als auch auf Art. 10 Abs. 1 EMRK. Die Meinungsfreiheit werde gemäss EGMR als Grund - pfei ler einer demokratischen Gesellschaft gewürdigt. Dies beziehe sich auch auf Meinungen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen. Das ergäbe sich aus den Erfordernissen des Pluralismus, der Toleranz und der Grosszügigkeit, ohne die eine demokratische Gesellschaft nicht bestehen könne. (StGH 1994/8, LES 1995/1, S. 27) Mit Bezug auf Liechtenstein stellt der StGH fest, dass die ungehemmte Information und die freie öffentliche Auseinandersetzung «gerade im Kleinstaat, dessen Verfassung den politischen Rechten der Bürger eine zentrale Rolle zuerkennt, zum ‹Salz› der Politik (gehören).» Den Journalisten «für seine Aussagen zu bestrafen stellt keine für die Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung des Fürsten - tums Liechtenstein notwendige Massnahme dar.» (ebd.) 211StGH 1994/8, Urteil des Staatsgerichtshofes als Verfassungsgerichtshof vom 4. Ok - to ber 1994, LES 1/95, S. 23–27. Ebenfalls zitiert in EuGRZ 1994, S. 607 ff. Interessanterweise fehlt im Entscheid des StGH nach LES 1/95, S. 24 die Passage «solange die Justiz versumpft bleibt» aus dem Löwenzahn-Zitat. Gerade diese Passage würde jedoch möglicherweise den vom StGH monierten Tatbestand erfül- len, dass die rechtsstaatliche Ordnung in Verruf gebracht wird. Das Urteil des StGH lässt daher unabsichtlich offen, wo die Grenzen der Pressefreiheit zu ziehen sind. Es entsteht dadurch auch der Eindruck, dass der StGH keine Verurteilung eines Journalisten wollte, und dass der von Kley im Zusammenhang mit der Methoden - wahl bei der Auslegung von Gesetzen geäusserte Verdacht zutrifft, wenn er schreibt: «...die von der Behörde gewählte Auslegungsmethode dient eher als nachträgliche Rechtfertigung für das von ihr gewählte Auslegungsergebnis.» (Kley 1998, S. 111). Der StGH räumt zumindest in StGH 1997/2 ein, «dass der Richter keine Sub sum - tions maschine und dass die Rechtsfindung in der Regel ein komplexer Vorgang ist.» (Zitiert nach Hoch 1999, S. 53). 212Urteil des EGMR vom 8. Juli 1986 (Lingens), zitiert in Mülller 1991, S. 129.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.