Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

ten“3516, reicht — gerade vor dem Hintergrund der Verfassung vom 
16. März 2003 - nicht aus. 
Im Zuge einer solchen Reflexion wird der Staatsgerichtshof vor 
allem auf die Frage einzugehen haben, inwiefern die von ihm ge- 
schaffene Anfechtungsmöglichkeit (Überprüfung von EWR-Rechts- 
vorschriften am Prüfungsmasstab der LV oder der EMRK) sowohl 
mit der vierten Begründungserwägung der Präambel des EWRA als 
auch mit dessen Art. 3 (Wohlverhaltensklausel; ‚Treuepflicht‘) und 
Art. 7 sowie mit Protokoll 35 EWRA im Einklang steht??!7, Zu be- 
rücksichtigen wird von ihm aber auch sein, dass er bis zum Inkraft- 
treten der Verfassung vom 16. Máàrz 2003 (und - je nachdem, d.h. je 
nach der Ausgestaltung der von der Regierung im Frühsommer des 
Jahres 2003 angekündigten Totalrevision des StGHG —- auch über die- 
sen Zeitpunkt hinaus) ,nicht befugt (ist), die Verbindlichkeit eines 
vôlkerrechtlichen Vertrages aufzuheben“3518, 
Im gleichen Zusammenhang steht die Überlegung, dass die 
LV in der Öffnungsklausel der Art. 28 Abs. 2 und 31 Abs. 3 LV primär 
auf das Staatsvertrags- und sekundär auf das Gegenrecht verweist, 
stehen jene Rechte und Pflichten in Frage, die ausländische Staatsan- 
gehörige in Liechtenstein besitzen. Das Ergebnis dieses (potentiell 
sehr weit reichenden?5!9) Renvois liegt auf der Hand: In den Fállen 
von Art. 28 Abs. 2 LV und von Art. 31 Abs. 3 LV nimmt sich das 
Landesrecht (die LV) selbst zurück — im Bewusstsein, dass es in die- 
sen Fällen eine Regelung des betreffenden Sachbereiches solchen 
vólkerrechtlichen Vertrágen und damit solchem Vólkervertragsrecht 
von Verfassungs wegen anvertraut, das - wie das EWRA — unter Um- 
stánden einen ,materiell ... verfassungsándernden bzw -ergánzen- 
den Charakter^3920 besitzt. 
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass Liechtenstein mit 
dem Instrument des Vorbehaltes i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Bst. d WVRK so 
wie jedes andere Vólkerrechtssubjekt die Móglichkeit besitzt, sein 
Landes- einem Zugriff des Vólkervertragsrechts zu entziehen. Hat 
3516 StGH 1998/61, LES 3/2001 S. 131. 
3517 StGH 1998/61 stósst sich an den essentialia der EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins in 
zweifacher Hinsicht: StGH 1998/61 ist weder mit dem Vorrang des EWR-Rechts noch mit der 
Aufgabe von Regierung und Landtag vereinbar, die Verfassungsmässigkeit von EWR- 
Rechtsakten in jedem einzelnen Fall zu überprüfen, in dem dieses vom Gemeinsamen EWR- 
Ausschuss gemäss Art. 102 Abs. 1 EWRA beschlossen worden ist; siehe hierzu das 7. Kapi- 
tel Pkt. 2.1 sowie das 8. Kapitel Pkt. 2. 
3518 Hoop S. 300. 
3519 Siehe hierzu das 12. Kapitel Pkt. 4.1.2. 
3520 StGH 1996/34, LES 2/1998 S. 80. 
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