gel^3538 nicht angerufen werden; im gleichen Umfang verschärft sich
der Priifungsmasstab343°.
Die Formel, dass der Staatsgerichtshof solche formellen Geset-
ze und Verordnungen, die einer ‚direkten Umsetzung‘ von EWR-
Recht dienen (Umsetzungserlasse), nur dann auf ihre materielle Ver-
fassungsmässigkeit überprüft, wenn die in Frage stehende Wider-
rechtlichkeit eine ‚besonders krasse Missachtung’ der LV oder der
EMRK bildet, bedeutet also nichts anderes, als dass solche Umset-
zungserlasse im Rahmen der Normenkontrolle dann nicht auf ihre
Verfassungs- oder EMRK-Mässigkeit überprüft werden (können),
wenn der Verdacht einer solchen qualifizierten Rechtswidrigkeit
nicht besteht. Ist dies der Fall, sind die in Frage stehenden Umset-
zungserlasse gegen eine jede Anfechtung immun. In diesen Fällen
würde zwischen dem in Frage stehenden EWR-Rechtsakt und den
,direkt' zu seiner Umsetzung dienenden Erlassen (formelle Gesetze
oder Verordnungen) eine Art ,|Unauflóslichkeit' bestehen: Diese Um-
setzungserlasse wáren einzig und allein deshalb unter gleich wel-
chem Gesichtspunkt unanfechtbar (d.h. vor der Móglichkeit einer
Normenkontrolle gefeit), weil sie einer ‚direkten Umsetzung’ von —
im Sinne von StGH 1998/61 ebenfalls unanfechtbarem — EWR-Recht
dienen?440,
Es liegt auf der Hand, dass diese Einschránkung im Rechts-
schutz- und Rechtssicherheitssystem der Normenkontrolle nicht nur
eine solche praeter legem ist, sondern dass sie auch eine Einschrän-
kung der Überprüfbarkeit jenes Landesrechts in Form von solchen
formellen Gesetzen oder Verordnungen zum Ergebnis hat, die sich
als Umsetzungserlasse ,direkt' auf EWR-Recht stützen. Dieses Er-
gebnis ist mit dem verfassungs- und gesetzmássigen Rahmen der
Normenkontrolle nicht zu vereinbaren. Es ist aber auch deshalb para-
dox, weil es einen (vermeintlichen) Fortschritt handkehrum in einen
3438 StGH 1998/61, LES 3/2001 S. 131.
3439 Siehe hierzu unten Pkt. 3.1.5.
3440 Beispielhaft sei auf die ,Sommerzeit-Richtlinie' hingewiesen (Richtlinie 2000/84/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Januar 2001 zur Regelung der Sommer-
zeit, ABI. Nr. L 31 vom 2. Februar 2001 S. 21; Anh. XIII — 68c.01 EWRA), die mit dem Be-
schluss Nr. 95/2001 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, LGBI. 2001 Nr. 146; LR
0.110.033.49, in das EWRA übernommen worden ist. Diese Richtlinie lásst den Mitgliedstaa-
ten für eine Umsetzung keinen Spielraum; die betrettenden Umsetzungserlasse bilden — bei-
spielhaft — eine ,direkte' im Sinne einer zwingenden Umsetzung dieser Richtlinie i.S.v. StGH
1998/61. Dieser Umstand hat nichts anderes zum Ergebnis, als dass der Umsetzungserlass
(im vorliegenden Fall die Verordnung vom 12. Márz 1985 über die Einführung der Sommer-
zeit, LGBI. 1985 Nr. 22; LR 941.211.1) der Normenkontrolle aufgrund von StGH 1998/61 von
vornherein solange entzogen ist, als die Sommerzeit-Richtlinie’ nicht eine ‚besonders krasse
Missachtung' der LV oder der EMRK bildet (was nicht anzunehmen ist).
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