3.1.1
allen drei Fällen ist dessen ‚Anwendbarkeit‘ aufgehoben worden,
und nicht — wie noch in StGH 1988/22 und 1989/1 (sowie in StGH
1981/199141) — seine Kundmachung, d.h. das entsprechende Stück
des Liechtensteinischen Landesgesetzblattes. Den Schlusspunkt bil-
det StGH 1999/13. In diesem Erkenntnis sind die hohen Kundma-
chungsstandards der Vergangenheit nicht nur landes-, sondern auch
völkervertragsrechtlich ad acta gelegt worden. Die Praxis des Staats-
gerichtshofes in StGH 1993/4, in StGH 1996/28 und in StGH 1997/7
begegnet den folgenden beiden Einwánden:
Kompetenzkatalog des Staatsgerichtshofes
Aufgrund von Art. 104 Abs. 2 erster Satz LV hat der Staatsgerichtshof
im Rahmen der , Prüfung der Verfassungsmássigkeit von Gesetzen ...
kassatorisch" zu urteilen.
Diese von ihm selbst als Kassationsprinzip bezeichnete Anwei-
sung?1^? ist unbedingt: Stellt der Staatsgerichtshof die Verfassungs-
widrigkeit eines formellen Gesetzes (oder einer Verordnung) fest?143,
hat er dieser Feststellung Folge zu leisten und nichts anderes zu tun,
als ,kassatorisch' zu urteilen, d.h. er hat die Aufhebung auszuspre-
chen, und zwar unabhángig davon, ob der Prüfungsgegenstand ein
formelles Gesetz, eine Verordnung oder eine Schweizerische Rechts-
vorschrift ist, die in Liechtenstein aufgrund eines Wirtschaftsvertra-
ges gilt. Sowohl in StGH 1993/4 als auch in StGH 1996/28 und in
StGH 1997/7 ist dies - im Widerspruch zum Kassationsprinzip31^^ —
unterblieben: Die Feststellung in StGH 1996/28, dass , die Kassation
eines schweizerischen Erlasses ... (selbstredend) nicht móglich"3!45
und dass es ,auch zweifelhaft ist, ob eine einmal erfolgte Kundma-
chung eines solchen Erlasses überhaupt ‚aufgehoben‘ werden
kann“3146, widerspricht der Praxis des Staatsgerichtshofes in StGH
1988/22 und 1989/1, wo dies — und nichts anderes —- im Einklang mit
dem Kassationsprinzip eben gerade geschehen ist?!^7, Bei StGH
3141 StGH 1981/19, LES 2/1983 S. 43f.
3142 StGH 1996/28, LES 2/1998 S. 59.
3143 wozu der Tatbestand einer nicht verfassungs- und gesetzmássigen Kundmachung gehórt;
siehe hierzu das 23. Kapitel Pkt. 2.1.
3144 Siehe hierzu das 19. Kapitel Pkt. 3.4.
3145 StGH 1996/28, LES 2/1998 S. 59.
3146 StGH 1996/28, LES 2/1998 S. 59.
3147 In StGH 1988/22 und 1989/1 ist das ANAG als ein in Liechtenstein aufgrund des ZV und des
FPA I geltendes Bundesgesetz dadurch aufgehoben worden, dass seine Kundmachung (d.h.
das entsprechende Stück des Liechtensteinischen Landesgesetzblattes) i.S.v. Art. 104 Abs. 2
erster Satz LV i.V.m. Art. 38 Abs. 3 SIGHG kassiert worden ist.
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