Ebenso fällt aber auch ins Auge, dass sich der Staatsgerichts-
hof in Bezug auf die Kundmachung der Strafbestimmungen des Wirt-
schaftsvertragsrechts in StGH 1999/13 nur auf Art. 7 EMRK bezieht,
nicht jedoch auf andere (völkervertragsrechtliche) Garantien wie z.B.
auf Art. 15 Abs. 1 des UNO-Paktes II. Diese Garantien sind durch die
Art. 22 und 23 des Römer Status des Internationalen Strafgerichtsho-
fes3138 als „allgemeine Grundsätze der Menschenrechte“ in die Form
eines „Kodex allgemeiner Regeln des Strafrechts“3139 gebracht wor-
den, der seit dem 1. Juli 2002 auch in Liechtenstein zum objektiven
(Völkervertrags-)Recht gehört.
Ob sich der Richtungswechsel, den der Staatsgerichtshof durch
die Aufgabe seiner hohen Kundmachungsstandards eingegangen ist,
im Sinne einer Beruhigung der Lage bzw. im Interesse der Rechtsklarheit
gelohnt hat, steht jedoch alles andere als fest: Ob das Landesrecht
(Art. 67 Abs. 2 LV i.V.m.d. Wirtschaftsvertragsrechts-KmG und der
Praxis des Staatsgerichtshofes seit StGH 1996/28 und StGH 1997/7),
vor dem Vólkervertragsrecht (vor allem Art. 7 EMRK sowie Art. 15
Abs. 1 des UNO-Paktes II) Bestand haben kann, ist nach wie vor un-
gewiss; die Frage, ob eine Referenzpublikation des Wirtschaftsvertrags-
rechts mit den vom Vólkervertragsrecht aufgestellten Minimalstan-
dards an die Publizitát von Rechtsvorschriften vereinbar ist (wie es
der Staatsgerichtshof vor allem in StGH 1999/13 anzunehmen
scheint), ist nicht ohne weiteres zu beantworten3149,
Kommentar
Zusammenfassung und Kritik
Die Praxis des Staatsgerichtshofes zur formellen Verfassungsmässig-
keit des Vólkervertragsrechts hat sich auf die Art und Weise der
Kundmachung des Wirtschaftsvertragsrechts konzentriert. Ihr
Schlusspunkt ist StGH 1993/4, StGH 1996/28 und StGH 1997/7 ge-
wesen. In allen drei Fällen stand die Rechtskraft eines in Liechten-
stein aufgrund des ZV geltenden Bundesgesetzes in Frage, und in
3138 Rómer Statut des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998, LGBI. 2002 Nr. 90; LR
0.312.1.
3139 Caflisch S. 9.
3140 Siehe hierzu unten Pkt. 3.2.2.
569