Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

sation aus gewichtigen praktischen oder verfassungspolitischen 
Gründen ausnahmsweise nicht realisierbar ist3085, 
Mit dieser ,Appellentscheidung’ hat der Staatsgerichtshof ei- 
nen jahre-, wenn nicht jahrzehntelangen Kreis geschlossen; das Hin 
und Her zwischen Regierung, Landtag und Staatsgerichtshof, dessen 
Folgen die Rechtskraft eines ganzen Rechtsbestands — des Wirt- 
schaftsvertragsrechts — wiederholt in Frage gestellt hatte, war in eine 
weitere Runde gegangen: Nachdem den hohen Kundmachungsstan- 
dards, die der Staatsgerichtshof Landtag und Regierung wiederholt 
zur Richtschnur gemacht hatte, auch nach StGH 1990/13 nicht ent- 
sprochen worden war, ist es in den Jahren 1995, 1997 und 1998 zu 
weiteren Erkenntnissen zur formellen Verfassungsmässigkeit (zur 
Frage der ,verfassungsmässigen Kundmachung 3086) des Wirt- 
schaftsvertragsrechts gekommen, in denen nicht nur eine neue, son- 
dern — an Art. 104 Abs. 2 erster Satz LV und am StGHG gemessen — 
auch eine neuartige Praxis begründet worden ist. Der Ausgangspunkt 
dieser Praxis ist StGH 1993/4, ihr Endpunkt ist StGH 1997/7 gewe- 
sen. 
e) StGH 1993/4 
In StGH 1993/4 hatte der Staatsgerichtshof über die Rechts- 
kraft eines Bundesgesetzes zu befinden, das in Liechtenstein auf- 
grund des ZV galt. Im Urteilszeitpunkt, dem 30. Oktober 1995, war 
das (alte) Lebensmittelgesetz?087 in einer (aufgehobenen) Bekannt- 
machung der Anlagen I und Il ZV vom 28. August 1979 in verein- 
fachter Form kundgemacht worden, d.h. nur in seinem Titel und nur 
unter Verweis auf seine Fundstelle in der SR. 
Vor diesem Hintergrund hat der Staatsgerichtshof in StGH 
1993/4 erklàrt, das (alte) Lebensmittelgesetz als , Stammgesetz des 
Lebensmittelrechts“3088 sei im Anlassfall ,mangels verfassungsmä- 
ssiger Kundmachung nicht anzuwenden“3°89, Der Spruch von SGH 
1993/4 ist von der Regierung am 28. März 1996 kundgemacht wor- 
3085 StGH 1995/20, LES 1/1997 S. 38. Erwähnenswert ist, dass sich dieses Verständnis von StGH 
1981/18 und von StGH 1990/13 nicht aus einem dieser beiden Erkenntnisse ergibt, sondern 
(erst) aus dem am 24. Mai 1996 ergangenen Urteil StGH 1995/20, LES 1/1997 S. 30ff, in dem 
ein — seiner Natur nach — áhnliches Dilemma zu überwinden war. 
3086 StGH 1988/22 und 1989/1, LES 1/1990 S. 4. 
3087 Bundesgesetz vom 8. Dezember 1905 betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Ver- 
brauchsgegenstànden (Lebensmittelgesetz). Dieser Erlass ist durch das Bundesgesetz vom 
9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchgegenstànde (Lebensmittelgesetz, LMG), 
SR 8.17.0, ersetzt worden. 
3088 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 49. 
3089 StGH 1993/4, LES 2/1996 S. 49. 
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