Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

wieweit die Plausibilität der Erwägungen öffentlicher Rechtsträger 
vom OGH geschützt werden und welche Tragweite das Postulat, 
„dem Rechtsanwender nicht allzu strenge Fesseln anzulegen und die 
Rechtsauslegung lebendig zu erhalten^30!!, unter dem EWR-Recht 
geniessen wird. 
Auf den ersten Blick scheint die Befreiungsmôglichkeit, die ôf- 
fentliche Rechtstráger nach Massgabe der Praxis des OGH besitzen, 
einen mehr oder weniger umfassenden Schutzschirm aufzuspannen; 
einen Schutzschirm, der die (ohnehin schon anspruchsvolle?012) 
EWR-rechtliche Hürde der hinreichend schweren Verletzung (von 
EWR-Recht) um das landesrechtliche Hindernis eines zu jedem Zeit- 
punkt móglichen Gutglaubensbeweises verschárft. Wie anderswo 
auch wird es einer Beurteilung im Einzelfall vorbehalten sein, darüber 
zu befinden, ob die Durchsetzung eines Staatshaftungsanspruches 
unter diesen Umstánden dem Effektivitáts- und Effizienzgebot nach 
Massgabe der Praxis des EFTA-Gerichtshofes?9!? entspricht. 
Dazu, dass óffentliche Rechtstráger durch eine ,Hintertüre' 
aus ihrer Verantwortung unter dem AHG entlassen werden, darf es 
jedoch unter keinen Umständen kommen; auch wenn „die Rechtspre- 
chung” durch die Vollzugsorgane eine „lebendige und entwicklungs- 
fáhige" sein und dies auch in Zukunft bleiben soll, muss sie auch eine 
,verantwortungsbewusste"3014 sein, Schliesslich ist Liechtenstein im 
Rahmen der Staatshaftung auch vólkervertraglich an Mindeststan- 
dards gebunden*015, 
Konflikte und Komplikationen mit dem EWR-Recht kônnten 
sich aber auch aus zwei zusätzlichen Einschränkungen ergeben, die 
sich aus dem AHG mittel- oder unmittelbar ergeben und die sich mit 
der Praxis des EFTA-Gerichtshofes zur Staatshaftung nicht ohne 
weiteres vereinbaren lassen: 
3011 Beschluss des OGH vom 5. Februar 1998, OG-C 471/95, LES 4/1998 S. 233. 
3012Die Staatshaftungsvoraussetzung der hinreichend schweren Verletzung von. EWR-Recht 
dürfte sich vom Beschwerdegrund des ,rechtswidrigen Vorgehens und Erledingens einer 
Verwaltungssache' i.S.v. Art. 90 Abs. 6 LVG (Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit) unter- 
scheiden, der mit keinem qualifizierenden Attribut (wie z.B. ,hinreichend schwer) versehen ist. 
3013 Siehe hierzu oben Pkt. 2.2.1. 
3014 Kohlegger (Rechtsordnung) S. 46. 
3015 Siehe den Notenwechsel vom 11. April 1972 zwischen der liechtensteinischen Botschaft in 
Bern und der österreichischen Botschaft in Bern über Gegenseitigkeit auf dem Gebiete der 
Amtshaftung, LGBI. 1972 Nr. 28; LR 0.170.310.11. Hinzuweisen ist in diesem Zusammen- 
hang darauf, dass die in Art. 5 Abs. 2 zweiter Satz AHG postulierte Gegenrechtserklärung im 
Verhältnis zu Staatsangehörigen eines EWR-Mitgliedstaates als eine Staatshaftungsvoraus- 
setzung ausscheidet; siehe hierzu Lengauer S. 86 zu 8 7 des österreichischen Amtshaftungs- 
gesetzes. 
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