Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

lichen Regelungen zu bewegen, auch in jenen Angelegenhei- 
ten, in welchen das Gesetz der Verwaltung ein freies Ermessen 
einräumt, sind die demselben durch die Gesetze gezogenen Gren- 
zen streng zu beobachten"?999, Dieser Wortlaut stellt sich in ei- 
nen Kontrast nicht nur zu Art. 95 Abs. 2 LV, sondern auch 
zum Wort des OGH, ,dem Rechtsanwender"^ dürften ,nicht 
allzu strenge Fesseln" angelegt und ,die Rechtsauslegung" 
müsse ,/'lebendig' erhalten^3999 werden. Gerade dort, wo es — 
wie im Geltungsbereich des EWRA — vor allem um einen 
Schutz der Markt- und Berufsfreiheiten der Einzelnen im 
Rahmen von Verwaltungsverfahren geht, dürfen die Zügel nicht 
locker gelassen werden. Auch (und gerade) den Verwaltungs- 
behórden obliegt es vielmehr, ihre Rechtsauslegung und -an- 
wendung an den Anforderungen von Art. 92 Abs. 4 LV auszu- 
richten — und zwar erst recht dann, wenn der Vollzug von 
Vólkervertragsrecht in Frage steht, das dem Landesrecht ge- 
genüber Vorrang geniesst300!, Die Grosszügigkeit, mit der der 
OGH das AHG in seiner Praxis gehandhabt hat, ist in diesem 
Umfang abzulehnen oder — wenn überhaupt - auf die Tätigkeit 
der Gerichte (der Rechtspflege) zu beschränken. 
Drittens darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Re- 
gierung noch während den EWR-Verhandlungen sowie im 
Vorfeld der beiden EWR-Abstimmungen aus den Jahren 1992 
und 1995 mehrere Gutachten zu einer Reihe von jenen heiklen 
Fragen eingeholt hat, die sich an der Schnittstelle zwischen 
dem Landes- und dem EWR-Recht vor allem gestellt haben?002, 
Zu diesen Fragen gehórt die Problematik der (Wohn-)Sitz-3003 
oder Praxiserfordernisse?004 selbständig Erwerbstátiger?005 an 
vorderster Front. Diese Gutachten haben den Rahmen, den 
das EWR- dem Landesrecht in diesem Zusammenhang setzt, 
2999 Art. 92 Abs. 4 LV (Kursivstellung durch den Verfasser). 
3000 Beschluss des OGH vom 5. Februar 1998, OG-C 471/95, LES 4/1998 S. 233. 
3001 Siehe hierzu das 14. Kapitel sowie das 19. Kapitel Pkt. 2. 
3002 Siehe hierzu beispielhaft das Gutachten von Carl Baudenbacher vom 6. Juli 1990 zum „Recht 
der freien Berufe in der Europáischen Gemeinschaft im Blick auf die Situation in Liechten- 
3003 Siehe zur Problematik des (Wohn-)Sitzerfordernisses VBI 1997/85, Jus&News 2/1998 S. 
3004 Siehe zur Problematik der single practice rule VBI 2000/54, LES 2/2002 S. 75ff. 
3005 Legendár ist in diesem Zusammenhang vor allem die Stellung des liechtensteinischen 
Verwaltungsrates' i.S.v. $8 180a PGR. Siehe hierzu die Einschätzung von Becker (Rechtsfra- 
gen) S. 139, wonach diese Bestimmung ,wie man es dreht und wendet ... eine Ungleichbe- 
handlung beinhaltet". 
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