Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

mit dem auf Grund des Zollvertrages in Liechtenstein an- 
wendbaren eidgenössischen ... Recht im Widerspruch steht 
und daher unverbindlich ist“?871. In diesem Erkenntnis aus 
dem Jahre 1947 hat der Staatsgerichtshof als Lösungsmecha- 
nismus eine Feststellung der Unverbindlichkeit im (negativen) 
Sinne von Art. 14 KmG gewählt (zweite Prämisse). 
Der Umstand, dass sich der Staatsgerichtshof trotz dieser Er- 
kenntnisse, die erratisch geblieben sind, nicht für die ersten beiden 
Ansätze (Prämissen), sondern für das Vorrangprinzip und für die Nor- 
menkontrolle als Lösungsmechanismen für eine Behebung von Nor- 
menkollisionen zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht 
entschieden hat (dritte und vierte Prämisse), überrascht nicht. 
Diese Entscheidung steht mit zwei Grundsätzen der liechten- 
steinischen Verfassungsordnung im Einklang, auf die schon Ende der 
siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hingewiesen worden 
ist: Der erste Grundsatz ist das Gebot der „Einheit der Rechtsord- 
nung”, das es „in der Regel verbietet, dass ein und dieselbe Frage ... 
in verschiedenen Normen verschieden gelöst wird“2872. der zweite 
Grundsatz besteht darin, dass es „nach der liechtensteinischen 
Rechtsordnung grundsätzlich wohl vernichtbare, aber nicht absolut 
nichtige Rechtssätze gibt“2873 
Dass diese beiden Grundsätze den Voraussetzungen und der 
Rechtsfolge einer Anwendung des Vorrangprinzips entsprechen, liegt 
ebenso auf der Hand wie der Umstand, dass es die Funktion der 
Normenkontrolle ist, in deren Rahmen der Staatsgerichtshof die 
Massgeblichkeit des (übergeordneten) Verfassungs- und Völkerver- 
tragsrechts und damit eine Durchsetzung der Kollisionsnorm des Art. 
114 LV?97^ im Interesse nicht nur der Verfassungs- bzw. Völkerver- 
tragsrechtsgewühr, sondern auch von Rechtsschutz und Rechtssicher- 
heit der Einzelnen sicherzustellen hat: Der Staatsgerichtshof ist für 
die Wahrung des objektiven Rechts nicht nur als „Hüter der Verfas- 
sung“2875 verantwortlich, sondern auch als ‚Hüter des Völkerver- 
tragsrechts’. 
2871 StGH XIII./1947-1954, ELG 1947-1954 S. 204 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
2872 StGH 1979/3, LES 1981 S. 110. 
2873 StGH 1980/10, LES 1982 S. 11. Siehe hierzu Art. 106 Abs. 1 LVG. 
2874 Siehe hierzu das 14. Kapitel Pkt. 4.1.3.1. 
2875 StGH 1982/65/V, LES 1/1984 8. 4. 
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