Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

Landesrechts auf Antrag oder von Amtes wegen?9/^ kommen. 
Dies gilt sowohl für Verfassungsbeschwerden (Grundrechts- 
rügen) als auch für die Normenkontrolle (Überprüfung von 
Gesetzgebungsakten)?975 und ist vom Staatsgerichtshof meh- 
rere Male bestátigt worden?976, 
Vor diesem Hintergrund ergibt sich in Bezug auf die Zustàán- 
digkeit des Staatsgerichtshofes das folgende Bild, das die gegenseiti- 
gen, d.h. die zwischen den einzelnen Rechtstordnungen 'über Kreuz' beste- 
henden Überprüfungsmüglichkeiten und damit den Geltungsbereich der 
Normenkontrolle zeigt: 
Prüfungsgegenstand 
Prüfungsmasstab Landes- | Vólkervertrags- 
recht recht 
Materielle Verfassungs- Ja2577 Nein?5/8 (unge- 
mässigkeit wiss2579) 
2574 In StGH 1997/13, n. publ., Pkt. 2.1 der Entscheidungsgründe, S. 16 des Entscheidungstextes, 
heisst es, dass ,das Fehlen eines konkreten diesbezüglichen Antrages" nicht schade. 
2575 Erwähnenswert ist, dass der Staatsgerichtshof den Anschein macht, eine Änderung bzw. 
Ergänzung von Art. 23 StGHG, wie sie in den Jahren 1982 und 1999 in Bezug auf die EMRK 
einerseits und in Bezug auf den UNO-Pakt Il andererseits erfolgt ist, nicht als Voraussetzung 
für ein Eintreten auf Verfassungsbeschwerden (Grundrechtsrügen) zu behandeln. So hat der 
Staatsgerichtshof in StGH 1996/6, LES 3/1997 S. 151 erklärt, dass die EMRK „aufgrund der 
in Liechtenstein unumstrittenen automatischen Adoption des Vôlkervertragsrechts keine Um- 
setzung ins Landesrecht (brauchte). Auch erweisen sich ihre materiellen Garantien als grund- 
sätzlich unmittelbar anwendbar. Doch wurde durch die Staatsgerichtshofgesetz-Novelle vom 
30.06.1982 ... in Art 23 Abs 1 lit b StGHG die Zulässigkeit von EMRK-Rügen im Landesrecht 
ausdrücklich vorgesehen“ (Kursivstellung durch den Verfasser). Diese Erklärung hat der 
Staatsgerichtshof in StGH 2000/33, n. publ., Pkt. 6.1 der Entscheidungsgründe, S. 30f des 
Entscheidungstextes, zwar nahezu gleichlautend wiederholt, in diesem Zusammenhang statt 
des Wortes „doch“ jedoch das Wort „trotzdem“ verwendet. Diese Praxis erlaubt keinen ande- 
ren Schluss, als dass der Staatsgerichtshof dazu bereit ist, Vollzugsakte im Rahmen von 
Verfassungsbeschwerden (Grundrechtsrügen) auch an anderen völkerrechtlichen Verträgen 
als an der EMRK und am UNO-Pakt II (Art. 23 Bst. b und c StGHG) zu messen. Dies ist in 
Bezug auf das EWRA denn auch geschehen; siehe hierzu das 17. Kapitel Pkt. 5.2. 
2576 Siehe hierzu zuletzt StGH 2000/27, n. publ., Pkt. 2.1 der Entscheidungsgründe, S. 11 des 
Entscheidungstextes: „Der Staatsgerichtshof kann ... mit Verfassungsbeschwerde angefoch- 
tene letztinstanzliche Entscheidungen sowie auch von ihm anwendbare Gesetzes- und Ver- 
ordnungsbestimmungen neben ihrer Verfassungsmässigkeit auch auf ihre EMRK-Konformität 
überprüfen“. 
2577 Art. 104 Abs. 2 erster Satz LV i.V.m. Art. 23ff SIGHG. 
2578 Siehe hierzu StGH XIII./1947-1954, ELG 1947-1954 S. 206, StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 41 
sowie StGH 1990/13, LES 2/1996 S. 46f. 
2579 StGH 1998/61, LES 3/2001 S. 130f. 
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