Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

e vom Rechtsschutz- und Rechtssicherheitssystem der Normen- 
kontrolle, nach dessen Massgabe Normenkollisionen zwischen 
dem Völkervertrags- und dem Landesrecht durch eine dem 
Staatsgerichtshof obliegende Kassation (des dem Völkerver- 
tragsrecht widersprechenden Landesrecht) zu beheben sind 
(vierte Prámisse?380), 
Dass der Antwort auf die Frage, welche dieser Prámissen un- 
ter welchen Voraussetzungen zum Zuge kommt, ein in jeder Hinsicht 
erheblicher Einfluss auf die Rechtsschutz- und Rechtssicherheitsinter- 
essen der Einzelnen zukommt, liegt auf der Hand: Je nach dem (auf 
der Ebene der Gesetzgebung oder des Vollzugs) gewáhlten Ansatz 
unterscheiden sich nicht nur die Rechtsfolgen einer Unvereinbarkeit 
zwischen dem Vólkervertrags- und dem Landesrecht?38!, sondern 
auch die Voraussetzungen dafür, dass es zu einer solchen überhaupt 
kommt: Je nachdem liegt die Zuständigkeit, das Verfahren und 
schliesslich auch der in casu eingesetzte Lösungsmechanismus in den 
Händen unterschiedlicher Instanzen (Vollzugsorgane und /oder Staats- 
gerichtshof). 
Trotz dieses Umstands ist die Praxis der Anderen Gerichte in 
der Vergangenheit alles andere als einheitlich gewesen: So hat z.B. der 
OGH in vergleichbaren Anlassfällen auf unterschiedliche Prämissen 
zurückgegriffen?38?, 
Vor diesem Hintergrund sind die Grundsätze für eine Behebung 
von Normenkollisionen zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht 
ein weiteres Mal der Praxis des Staatsgerichtshofes zu entnehmen. 
2380 Diese vierte Prámisse hat Hoch (Verfassung- und Gesetzgebung) S. 208 vertreten. 
2381 Als Beispiel kann der Vergleich zwischen dem Ergebnis einer Anwendung der klassischen 
Derogationsregeln einerseits und des Vorrangprinzips andererseits dienen: Wáhrend im er- 
sten Fall ein jüngeres formelles Gesetz einen álteren Staatsvertrag derogiert, geht ein älterer 
Staatsvertrag einem jüngeren formellen Gesetz im zweiten Fall vor. Das Ergebnis ist also das 
Gegenteil einer Anwendung der jeweils anderen Prámisse. 
2382 Siehe hierzu den Beschluss des OGH vom 5. November 1990, Rs 195/90-55, LES 2/1992 S. 
81f, in dem über einen Konflikt zwischen dem ERHÜ und $ 3 StPO zu befinden war und wo 
es heisst, dass ,im zwischenstaatlichen Auslieferungsverkehr dem EÜA als der lex specialis 
der Vorrang vor der inländischen StPO als der lex generalis zukommt“ im Vergleich zum Be- 
schluss des OGH vom 2. Juli 1998, 8 Rs 35/98-75, LES 1/1999 S. 41, in dem über einen 
Konflikt zwischen dem ERHÜ und den Art. 9 und 10 RHG zu befinden war und wo es heisst, 
es sei „grundsätzlich vom Vorrang des (völkerrechtlichen) ERHÜ gegenüber dem (innerstaat- 
lichen) RHG auszugehen“. 
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