Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

Normenkollisionen sowohl auf der Ebene der Gesetzgebung als auch 
auf der Ebene des Vollzugs kommen. Der Unterschied zwischen die- 
sen beiden Fällen besteht vor allem darin, dass die Widersprüche im 
ersten Fall abstrakter und im zweiten Fall konkreter Natur sind, und 
dass sie durch unterschiedliche Staatsorgane zu beheben sind (Ge- 
setzgebungsorgane hier, Vollzugsorgane dort). 
Auf den Konfliktlösungsansatz, der in den Fällen eines Nor- 
widerspruches zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht 
im Sinne eines Lösungsmechanismus’ zu wählen ist, wird in den fol- 
genden beiden Kapiteln eingegangen. Dabei befasst sich das 18. Ka- 
pitel mit den Fundamenten und das 19. Kapitel mit der Funktionsweise 
der in Frage stehenden Ansätze. 
Normenkollisionen auf der Ebene der Gesetzgebung 
Auf der Ebene der Gesetzgebung können sich Normenkollisionen 
dann ergeben, wenn bestehende Rechtsvorschriften durch den Verfas- 
sungs-2292, durch den Gesetz-2293 oder durch den Verordnungsge- 
ber??% geändert, ergänzt oder aufgehoben oder wenn neue Rechtsvor- 
schriften erlassen werden und wenn der Inhalt dieser Rechtsvorschrif- 
ten mit dem Völkervertragsrecht nicht zu vereinbaren ist. Eine solche 
Gesetzgebung kann durch den Anschluss eines völkerrechtlichen 
Vertrages veranlasst worden sein, muss dies jedoch nicht. Den Erlass 
neuer oder die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung bestehender 
Rechtsvorschriften bedingen nur durchführungsbedürftige, d.h. nur mit- 
telbar anwendbare völkerrechtliche Vertráge??95. Nicht durchführungs- 
bedürftige, d.h. unmittelbar anwendbare völkerrechtliche Verträge set- 
zen sich, dem Landesrecht gegenüber, sowohl von Verfassungs- als 
auch von Vólkervertragsrechts wegen durch (Vorrangprinzip??96). 
Zum Prozess der Gesetzgebung (zur , Einleitung des Gesetz- 
gebungsverfahrens”2297) kann es, was formelle Gesetze betrifft2298, 
auf verschiedenen Wegen kommen: durch eine Initiative des Landes- 
2292 Art. 112 Abs. 2 LV. 
229365 Abs. 1LV. 
2294 Art. 92 Abs. 2LV. 
2295 Siehe hierzu das 16. Kapitel Pkte. 4.2 und 5.1. 
2296 Siehe hierzu das 14. Kapitel, das 19. Kapitel Pkt. 2 sowie das 20. Kapitel. 
2297 Ritter (Gesetzgebungsverfahren) S. 71. 
2298 Der Prozess der Verfassungsgebung stimmt mit jenem der Gesetzgebung weitgehend 
überein. Unterschiede bestehen vor allem in Bezug auf die Quoren, die für die Ausübung des 
Initiativrechts sowie für den Erlass erforderlich sind (vgl. Art. 64 Abs. 2 und 4 LV einerseits 
und die Art. 65 Abs. 1 und 112 Abs. 2 LV andererseits). 
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