Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.2.2 
Ermittlung 
Im Zuge einer Ermittlung der Art der Anwendbarkeit des Völker- 
vertrags- im Landesrecht??'? (mittelbare oder unmittelbare Anwend- 
barkeit) sind — idealerweise - die folgenden beiden ,aufeinanderfol- 
gende(n)”2220 Prozessschritte zu vollziehen: 
e In einem ersten Schritt ist zu entscheiden, ob die innerstaatli- 
che Anwendbarkeit eines zwischenstaatlich geltenden vôlker- 
rechtlichen Vertrages dem Willen der Vertragsparteien ent- 
spricht???! ; die , Ausgangsfrage ist ..., ob die Regelung der 
innerstaatlichen Anwendbarkeit Teil des Vertragsinhaltes 
ist“?222 und zu welchem Ergebnis sie unter Berücksichtigung 
der vólkerrechtlichen Auslegungsmaximen???3 führt???^, Auf 
diese Frage sind drei Antworten móglich, die bei Holzer als 
,Anwendungsfáhigkeit einer vólkerrechtlichen Vertragsbe- 
stimmung“2225 bezeichnet werden: Zwischen den Vertrags- 
parteien kann ein Anwendungsgebot??°®, ein Anwendungsver- 
bot???7 oder Anwendungsfreilieif???9 vereinbart worden sein, 
wobei nur der Tatbestand eines (dem Parteiwillen entspre- 
chenden) Anwendungsverbotes eine unmittelbare Anwend- 
barkeit des Völkervertrags- im Landesrecht ausschliesst; „eine 
völkerrechtliche Vertragsbestimmung ..., die entweder ein 
Anwendungsgebot enthält oder bei welcher zwischenstaatlich 
Anwendungsfreiheit gilt“, kann „aus der Sicht des Völker- 
2219 Siehe hierzu neben der Monographie Holzers die Grundlagenarbeit von Arnold Koller, Die 
unmittelbare Anwendbarkeit völkerrechtlicher Verträge und des EWG-Vertrages im inner- 
staatlichen Bereich, Diss. Bern 1971. 
2220 Holzer S. 55. 
2221 Holzer S. 55. oder Hangartner (Völkerrecht) S. 656. 
2222 Holzer S. 55. 
2223 Holzer S. 55. 
2224 Siehe zu den Einzelheiten des ersten Prozessschrittes Holzer S. 56ff. Gleichlautend Thürer 
(Vélkerrechtsordnung) S. 110. 
2225 Holzer S. 50. 
2226 Holzer S. 36ff. Ein Anwendungsgebot besteht nach Holzer S. 36 z.B. in einer (Vertrags-) 
Klausel, die sich implizit oder explizit „zugunsten der unmittelbaren Anwendung aller oder ein- 
zelner Bestimmungen“ eines völkerrechtlichen Vertrages ausspricht. 
2227 Holzer S. 46ff. Ein Anwendungsverbot kann nach Holzer S. 47 in einer (Vertrags-)Klausel 
bestehen, die eine unmittelbare Anwendung des Vólkervertrags- im Landesrecht ausschliesst. 
2228 Holzer S. 49f. Der Tatbestand einer Anwendungsfreiheit zeichnet sich nach Holzer S. 49 
dadurch aus, dass ,die Frage der Anwendbarkeit vólkerrechtlicher Vertragsbestimmungen 
entweder nicht thematisiert (wird) oder es ... dem Willen der Vertragsparteien (entspricht), die 
Beantwortung der Frage nach der adáquaten Form innerstaatlicher Anwendung den einzel- 
nen Staaten zu überlassen. Es liegt ... weder ein Anwendungsgebot noch ein Anwendungs- 
verbot vor". 
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