sein Selbstverständnis unterscheidet, entspricht einem Gemeinplatz1982
So ist selbst EU- und EWR-Recht gleichen Wortlauts unter Umstän-
den unterschiedlich auszulegen!983,
Ausführlich kann auf die Frage der Auslegung des Vólker-
vertrags- im Landesrecht in dieser Dissertation nicht eingegangen
werden. Dies ist aus zwei Gründen der Fall: Zum einen ist die Lehre
und Praxis zu diesem Thema keine landes-, sondern vor allem eine
vülkerrechtliche!99^ und nur eine unter mehreren Disziplinen; sie bil-
det eine Wissenschaft für sich1985. Zum anderen hängt die Auslegung
des Vólkervertrags- im Landesrecht in der Regel von den ,individu-
ell-konkreten’ Umständen des Einzelfalles ab, deren , Vielgestaltig-
keit“ 1986 eine ‚generell-abstrakte’ Behandlung von vornherein aus-
schliesst. In einzelnen Bereichen - wie z.B. in Bezug auf die
EMRK 987, das EWRA!988 oder auch den ZV1?89 — obliegt die Ausle-
gung darüber hinaus nicht so sehr den Vollzugsorganen auf der
(landesrechtlichen) Ebene der Vertragsparteien, sondern (vólkerver-
tragsrechtlichen) Instanzen wie besonderen Gerichtshófen oder
Schiedsgerichten 990,
Vor diesem Hintergrund beschránkt sich dieses Kapitel auf
zwei Schwerpunkte: Auf eine Analyse der (landesrechtlichen) Lehre
und der Praxis des Staatsgerichtshofes einerseits und auf zwei Fall-
beispiele andererseits. Abgeschlossen wird dieses Kapitel durch eine
1982 Siehe hierzu Bemhardt S. 1: ,Die Partner vólkerrechtlicher Vertráge, die Art und Weise des
Vertragsabschlusses und die vertraglich geregelten Gegenstände, die unter sich wiederum
eine ausserordentliche Vielfalt zeigen, stimmen nicht oder nur sehr begrenzt mit den Subjek-
ten und Vorgängen der innerstaatlichen Rechtsordnungen überein“.
1983 Siehe hierzu das Gutachten des EFTA-Gerichtshofes in der Rs E-3/98 vom 10. Dezember
1998, Rainford-Towning, REC 1998 S. 213 (Rdziff. 21) sowie für die landesrechtliche Lehre
Bruha/Büchel (Grundfragen) S. 10.
1984 Bernhardt S. 25ff.
1985 Siehe zu den einzelnen Auslegungsmaximen, die in der vólkerrechtlichen Lehre und Praxis
vor der Kodifikation durch die Art. 31 bis 33 WVRK entwickelt worden sind, Bernhardt S. 58ff,
der „die Auslegung des Textes aus sich heraus“, die „Mittel zur Feststellung des Parteiwillens
ausserhalb des Vertragstextes“, die „Berücksichtigung der Rechts- und Lebensordnung, die
den Vertrag umgibt“ und „technisch-formale Auslegungsregeln“ unterscheidet.
1986 Bernhardt S. 1.
1987 Art. 19ff EMRK. Siehe hierzu die Praxis des Staatsgerichtshofes in StGH 1994/6, LES 1995
S. 23, wonach die Vollzugsorgane bei ihrer Tátigkeit an die Rechtsprechung der Menschen-
rechtskommission und des EGMR gebunden sind, die für sie ohne weiteres ,massgebend'" ist.
Die Rechtslage unter der EMRK dürfte damit so ausgestaltet sein wie jene unter dem EWRA
nach Massgabe von Art. 3 und 6 EWRA i.V.m. Art. 3 Abs. 2 des ESA-/Gerichtshof-
Abkommens.
1988 Art. 108 Abs. 2 i.V.m. Art. 27ff des ESA/Gerichtshofabkommens.
1989 Siehe hierzu Art. 43 ZV.
1990 Die Annahme, dass sich aus der Praxis dieser Instanzen ein einheitliches Bild ergäbe, ist
nach Bemhardt S. 2 eine Utopie.
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