Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

zer Gesetze in Liechtenstein jedenfalls auch als liechtensteinische Ge- 
setze und schweizerische Verordnungen auch als liechtensteinische 
Verordnungen gelten, soweit nichts Gegenteiliges erweislich ist“ 1903, 
Ist dem aber so und würde die Frage nach dem Vorrang des 
Völkervertrags- vor dem Landesrecht einzig und allein in Abhängig- 
keit des Rangverhältnisses zwischen den beiden Rechtsordnungen 
beantwortet, würde dies z.B. bedeuten, dass Bundesratsverordnun- 
gen keinen Vorrang vor formellen Gesetzen besässen. Ein solches Er- 
gebnis widerspräche jedoch der Praxis des Staatsgerichtshofes, nach 
deren Massgabe eine Überprüfung der materiellen (nicht formellen) 
Verfassungsmässigkeit des  Wirtschaftsvertragsrechts nicht er- 
folgt 1904, 
Das Bild, das diese Praxis hinterlässt, könnte nicht zwiespältiger 
sein. Ein Urteil über das Vorrangverhältnis zwischen dem Landes- 
und dem Wirtschaftsvertragsrecht wird vor diesem Hintergrund erst 
dann möglich sein, wenn sich der Staatsgerichtshof zur Rechtsnatur 
des Wirtschaftsvertragsrechts!905 ausgesprochen hat. Bis zu diesem 
Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass die in sich widersprüchliche 
Praxis des Staatsgerichtshofes zur formellen und zur materiellen Ver- 
fassungsmässigkeit des Wirtschaftsvertragsrechts nichts daran än- 
dert, dass das Vorrangprinzip (auch) zwischen dem Wirtschafts- 
vertrags- und dem Landesrecht gilt, und zwar nicht nur relativ, son- 
dern absolut: Unter der Voraussetzung seiner verfassungs- und ge- 
setzmássigen Kundmachung!906 geht das Wirtschaftsvertrags- dem 
Landesrecht aller Rechtsquellenstufen (d.h. unter Einschluss der LV) 
vor. 
Kritik 
Dass er früher oder spáter in die Lage geraten wird, sich zum Be- 
stand und zum Inhalt des Vorrangprinzips aussprechen zu müssen, 
wird dem Staatsgerichtshof nicht erspart bleiben. Sobald er sich in 
dieser Lage befindet, werden ihm eine Reihe von Gesichtspunkten 
zur Verfügung stehen, auf die er sich bei seiner Entscheidung wird 
berufen kónnen. Zwei dieser Gesichtspunkte sind in diesem Ab- 
schnitt hervorzuheben. 
1903 StGH 1981/18, LES 2/1998 S. 41. Siehe hierzu Gubser S. 13. 
1904 Siehe hierzu das 25. Kapitel Pkt. 3.2.2. 
1905 Siehe hierzu das 11. Kapitel Pkt. 3.2. 
1906 Siehe hierzu das 11. Kapitel Pkte. 3 und 4 sowie das 24. Kapitel. 
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