Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

nes Staatsvertragsreferendums — einer besonderen Legitimation auf 
Verfassungsebene1684 
Eine solche Regelung hätte ihre sedes materiae in einer Neufas- 
sung von Art. 8 Abs. 2 LV — wobei darauf zu achten wäre, dass eine 
klare und eindeutige Trennlinie zwischen jenen vólkerrechtlichen 
Vertrágen gezogen wird, die den Gegenstand dieses Verfahrens bil- 
den, und allen anderen, die zwar unter Art. 8 Abs. 2 LV fallen, ihres 
(rechtlichen oder tatsächlichen) Charakters wegen!$85 jedoch nicht 
die Eigenschaft besitzen, die LV materiell ändern oder ergänzen zu 
können. Wird auf eine solche Trennlinie verzichtet, droht abermals 
die Gefahr einer „Abwertung“ solcher „qualifizierter Verfahrensvor- 
schriften“ durch deren „pauschale Ausdehnung“ 1686 — und damit je- 
nes Phänomen, das die Handhabung von Art. 8 Abs. 2 LV heute cha- 
rakterisiert. Ihm ist in Zukunft in jedem Falle vorzubeugen. 
Allein, davon, dass eine Revision von Art. 8 Abs. 2 LV auf der 
Agenda des Landes und seiner Institutionen steht, ist im gegenwärti- 
gen Zeitpunkt nicht auszugehen — im Gegenteil. 
Ist dem aber so, ist ein weiteres Mal die Verantwortung hervor- 
zuheben, die der Staatsgerichtshof für die Frage der Rangbestim- 
mung zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht besitzt. 
Dieser Verantwortung ist trotz StGH 1978/8, StGH 1995/14 oder 
StGH 1999/28 noch nicht entsprochen worden — was sich gerade in 
jüngster Zeit als verhängnisvoll erwiesen hat. 
In der Tat: Die Entwicklungen der jüngsten Zeit, und unter ih- 
nen vor allem die Ursachen und Facetten der sog. Verfassungsdiskussi- 
on unter Einschluss der Art und Weise, wie das Urteil des EGMR in 
der causa Wille durch S.D. den Landesfürsten behandelt worden 
ist1687 lassen keinen anderen Schluss zu, als dass über den Stellen- 
wert des Völkervertrags- im Landesrecht so bald wie möglich 
Rechtsklarheit bestehen muss. 
Diese Notwendigkeit ergibt sich sowohl aus der Richtung, die 
von der Regierung im Herbst 2002 eingeschlagen worden ist1688 als 
auch aus der Verunsicherung über die Rechtsquellenstufe der EMRK, 
1684 Bruha (Integrationsprozess) S. 214. 
1685 Die Qualifikation des „besonderen rechtlichen und politischen Gewichts“ ist Bruha/Büchel 
(Grundfragen) S. 9 (Fussnote 80) entlehnt. 
1686 Bruha/Büchel (Grundfragen) S. 9 (Fussnote 80). 
1687 Siehe hierzu Batliner (Diskussionsbeitrag) S. 30f (Rdzitf. 461). 
1688 Siehe hierzu die Regierung (BuA Nr. 88/2002) S. 7, wo es heisst, ein Verfassungsrang 
vólkerrechtlicher Vertráge sei von Verfassungs wegen „grundsätzlich“ ausgeschlossen. 
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