Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

träge, die unter Art. 28 Abs. 2 LV und unter Art. 31 Abs. 3 LV 
abgeschlossen werden, stehen im (formellen) Gesetzesrang. 
Vor diesem Hintergrund steht fest, dass ein ,kompetenzieller' 
Ansatz, der die innere in die áussere Kompetenzordnung spiegelt, 
nur ein Ordnungsprinzip unter mehreren anderen ist; die Affinitát zwi- 
schen der innerstaatlichen und der zwischenstaatlichen Kompetenz- 
lage kann nur eine Faustregel sein. Diese Einschránkung muss zu je- 
dem Zeitpunkt im Auge behalten werden, zumal sie unter anderem 
auch der Praxis des Staatsgerichtshofes in StGH 1995/14 ent- 
spricht!690, Der Vorgang der Rangbestimmung sollte in jedem Falle 
der Formel Winklers zugänglich sein, wonach sich die ,Grenzzie- 
hung" idealerweise ,,nach organisatorischen und inhaltlichen Bestim- 
mungsgründen gleichermassen" 199! zu richten hat. Erst wenn sich der 
Rang eines vólkerrechtlichen Vertrages sowohl aus einer formellen 
(,organisatorischen’) als auch aus einer materiellen (‚inhaltlichen‘) 
Analyse ergibt, kann — wenn auch in den meisten Fallen nur im An- 
satz — Rechtsklarheit bestehen. 
Doch wie dem auch sei: Fest steht in jedem Falle, dass sich ei- 
ne jede Rangbestimmung an den ihr vom Staatsgerichtshof gezoge- 
nen Rahmen zu halten hat. Danach stehen die vom Landtag gemäss 
Art. 8 Abs. 2 LV genehmigten völkerrechtlichen Verträge (Staatsver- 
träge) auf der Rechtsquellenstufe formeller Gesetze (StGH 1978/8); 
nach StGH 1999/28 nimmt das ‚Völkerrecht’ als solches „zumindest 
Übergesetzesrang“ 1662 ein, In Ausnahmefällen kann es zu einem Ver- 
fassungsrang völkerrechtlicher Verträge kommen (StGH 1995/21 
und StGH 1996/34). Trotz seiner Problematik ist dieses Einteilungs- 
schema für das Rangverhältnis zwischen dem Völkervertrags- und 
dem Landesrecht nach wie vor massgebend!66, 
1660 In StGH 1995/14, LES 3/1996 S. 123 hat der Staatsgerichtshof darauf hingewiesen, dass die 
‚interne‘ und die ‚externe‘ Kompetenzordnung „keinesfalls gleichgesetzt werden“ dürfe, son- 
dern „je als eigenständige Regelungen konzipiert und auszulegen“ seien. 
1661 Winkler (Staatsverträge) S. 120 (Kursivstellung durch den Verfasser). 
1662 StGH 1999/28, LES 1/2003 S. 8. 
1663 Problematisch ist das vom Staatsgerichtshof in StGH 1978/8 und in StGH 1999/28 etablierte 
Einteilungsschema einerseits deshalb, weil es — seiner Einfachheit wegen — die Vielfalt der 
von Liechtenstein abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge nicht widerspiegeln kann. Die- 
se Vertragswerke ohne Unterschied auf die Rechtsquellenstufe eines formellen Gesetzes 
oder auf einen ‚Übergesetzesrang’ zu stellen, wird der Wirklichkeit — wie z.B. der politischen 
Bedeutung oder dem rechtlichen Stellenwert der verschiedenen, von Liechtenstein abge- 
schlossenen völkerrechtlichen Vertráge — nicht gerecht. Andererseits ist es problematisch, die 
Tatsache der Genehmigung eines vólkerrechtlichen Vertrages gemáss Art. 8 Abs. 2 LV als 
das einzige bzw. alleinige Kriterium für dessen Rangbestimmung zu behandeln. Dies ist des- 
halb der Fall, weil die Handhabung dieses Kriteriums keiner Disziplin mehr gehorcht; siehe 
hierzu das 7. Kapitel Pkt. 2.2. In der Verfassungswirklichkeit werden auch solche vólkerrecht- 
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