Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

sich „der Rang völkerrechtlicher Verträge ... nach ihrer Behandlung 
beim Vertragsabschluss (richtet)^1638, trifft auf Liechtenstein — im Ge- 
gensatz z.B. zu Österreich — nicht bzw. nicht mehr zu. Dementspre- 
chend darf aber auch nicht der Versuch unternommen werden, „die 
Frage nach dem exakten Rang völkerrechtlicher Verträge ... allge- 
meinverbindlich“ 1639 zu beantworten. Für einen solchen Versuch 
fehlt in Liechtenstein die Stringenz. 
Für den Vorgang der Rangbestimmung müssen vielmehr Er- 
kenntnisquellen erschlossen werden, die sich nicht nur auf die Form 
seines Abschlusses, sondern auch auf den Inhalt des in Frage stehen- 
den völkerrechtlichen Vertrages beziehen. Dieser Ansatz, der der 
herrschenden Lehre entspricht 1640, ist — wohlgemerkt — nicht zuletzt 
auch von Winkler vertreten worden, auch wenn er bei Winkler in die 
Unzulänglichkeit einer Differenzierung zwischen „verfassungsge- 
setzlich vorbestimmte(n) ... oder einfachgesetzlich zu regelnde(n) Be- 
lange(n)“ 1641 gerát. Am Inhalt eines vólkerrechtlichen Vertrages an- 
zuknüpfen bedeutet, ihn daraufhin zu überprüfen, ob und welche 
,Materien der staatlichen Rechtsordnung 19^? er regelt. Je nachdem 
ist zu entscheiden, ob er ,rangmássig' der LV, einem formellen Ge- 
setz oder einer Verordnung entspricht!643, Es geht darum, , die ein- 
zelnen Vertráge je nach ihrem Regelungsgehalt differenzierend der 
einschlägigen Regelungsstufe zuzuordnen“ 1644 
Bei einem Rückgriff auf diese Systematik ist so flexibel wie 
möglich vorzugehen und „das Problem nicht übermässig zu formali- 
sieren“ 1645, Die Warnung Wildhabers davor, „das Beispiel des Nach- 
barlandes Österreich nachzuahmen und die dortigen, auf die Spitze 
getriebenen Perfektionismen und Formalismen ins liechtensteinische 
Recht zu übernehmen“ 1646, gilt nach wie vor; es ist davon abzuraten, 
1638 Neuhold/Hummer/Schreuer S. 118. 
1639 Kley (Verwaltungsrecht) S. 54. 
1640 Siehe hierzu Ospelt (Vertráge) S. 62, wonach ,die inhaltlichen Kriterien der Zustimmungsbe- 
dürftigkeit gemáss Art. 8 Abs. 2 LV erst zweitrangig zu beachten (sind), Kley (Verwaltungs- 
recht) S. 54 oder Batliner (Postulat) S. 227. 
1641 Winkler (Staatsvertráge) S. 121. 
1642 Winkler (Staatsvertráge) S. 120. 
1643 Gleichlautend Ospelt (Vertráge) S. 62, wonach bei den von Liechtenstein abgeschlossenen 
vólkerrechtlichen Vertrágen „die Frage zu stellen ist, ob sie einen gesetzàndernden Inhalt ha- 
ben oder innerstaatlich für die Regelung der Vertragsmaterie die Gesetzesstufe vorbehalten 
ist". 
1644 Kley (Verwaltungsrecht) S. 54. 
1645 Wildhaber (Antwort) S. 10. 
1646 Wildhaber (Antwort) S. 10. 
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