Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

Zum einen besteht über den Bestand und Inhalt eines völker- 
vertragsrechtlichen Verordnungsrechts (auch) aufgrund der Praxis 
des Staatsgerichtshofes keine Rechtsunklarheit mehr. In dieser Praxis 
hat der Staatsgerichtshof Art. 92 i.d.F.d. Verfassung vom 5. Oktober 
1921 als Grundlage einer „verfassungsmässigen Vollzugskompetenz 
der Regierung“ bezeichnet, in deren Geltungsbereich „eine spezielle 
gesetzliche Delegationsnorm"^ auch dann nicht ,nótig^139? ist, wenn 
es um eine Durchführung vólkerrechtlicher Vertráge geht. Weder 
klar noch eindeutig ist die Rechtslage nur in Bezug auf den Erlass 
von Verordnungen zu Bundesgesetzen, die in Liechtenstein aufgrund 
eines Wirtschaftsvertrages gelten. Während diese Form eines vôlker- 
vertragsrechtlichen Verordnungsrechts in StGH 1977/10/V ,katego- 
risch^!3» ausgeschlossen wird!?95, geht StGH 1997/41 (und inzwi- 
schen auch StGH 2002/841356) nicht nur implizit, sondern auch 
explizit vom Gegenteil aus: Als Rechtsgrundlage der BVO bóten sich 
„primär Art 4 und 16 ANAG ... an"1397, Rechtsklarheit (durch den 
Staatsgerichtshof) tut in diesem Zusammenhang not. 
Zweitens ist hervorzuheben, dass sich aus dem Verhältnis 
zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht in einem tech- 
nischen Sinne! ein Verständnis von Art. 92 Abs. 1 zweiter Satz LV 
i.d.F.d. Verfassung vom 5. Oktober 1921 ergibt, nach dessen Massga- 
be unter dem Begriff der ,Gesetze' auch vólkerrechtliche Vertrüge zu ver- 
stehen sind1399. Unter diesem Verstándnis nehmen vólkerrechtliche 
Vertráge an dem in Art. 92 Abs. 1 zweiter Satz LV i.d.F.d. Verfassung 
vom 5. Oktober 1921 verankerten Gesetzgebungsauftrag ebenso teil 
wie formelle Gesetze. Auch wenn dieser Gesetzgebungsauftrag kein 
Grundrecht bildet und den Einzelnen - dementsprechend - keinen 
Verordnungen bedürfen eben gerade keiner ,Durchführung'. In diesem Umfang bildet Art. 3 
EWR-KmG einen untauglichen Versuch, dem vólkervertragsrechtliche Verordnungsrecht eine 
landesrechtliche Rechtsgrundlage zu verschaffen. 
1353 StGH 2002/84, n. publ., Pkt. 2.2.1 der Entscheidungsgründe, S. 19 des Entscheidungstextes. 
1354 Wille (Normenkontrolle) S. 245. 
1355 Siehe hierzu oben Pkt. 3. 
1356 Siehe hierzu StGH 2002/84, n. publ., Pkt. 2.2.1 der Entscheidungsgründe, S. 19 des Ent- 
scheidungstextes, wo davon die Rede ist, dass ,auch auf die ... schweizerischen auslánder- 
rechtlichen Bestimmungen" wie vor allem auf das ANAG zurückgegriffen werden könne, die 
das FPA | „konkretisieren“. 
1357 StGH 1997/41, n. publ., Pkt. 2 der Entscheidungsgründe, S. 10 des Entscheidungstextes. In 
gleicher Art und Weise hatte der Staatsgerichtshof bereits in StGH 1972/1, ELG 1973-1978 S. 
338f erklárt, dass das ANAG zu jenen ,Grundlage(n)" gehóre, die für die im Anlasstall in Fra- 
ge stehende Verordnung in Form von ,staatsvertraglichen Vereinbarungen resp. Gesetze in 
Betracht (kommen). 
1358 Siehe hierzu das 6. Kapitel. 
1359 Siehe hierzu das 6. Kapitel Pkt. 4.2. 
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