Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

4.1 
Kommentar 
Zusammenfassung und Kritik 
Zusammenfassung 
Trotz StGH 1977/10/V hat der Staatsgerichtshof den Bestand eines 
völkervertragsrechtlichen Verordnungsrechts in seiner Praxis nicht 
nur anerkannt, sondern auch legitimiert. In jüngster Zeit (in StGH 
2002/84) ist das völkervertrags- mit dem landesrechtlichen Verord- 
nungsrecht dadurch verschmolzen worden, dass beide Kompetenzen 
aus der gleichen staats- bzw. verfassungsrechtlichen Grundlage (Art. 
92 Abs. 1 zweiter Satz LV i.d.F.d. Verfassung vom 5. Oktober 1921) 
abgeleitet worden sind: In beiden Fällen — d.h. unabhängig davon, ob 
die Rechtsgrundlage durch einen völkerrechtlichen Vertrag oder 
durch ein formelles Gesetz gebildet wird — liegt eine „generelle Er- 
mächtigung der Regierung“ 1285 zur Verordnungebung vor. 
Trotz des Wortlautes von Art. 92 Abs. 1 zweiter Satz LV 
i.d.F.d. Verfassung vom 5. Oktober 1921 ist die Regierung also dazu 
befugt, Verordnungen auf der Rechtsgrundlage nicht nur von for- 
mellen Gesetzen, sondern auch von vólkerrechtlichen Vertrágen zu 
erlassen. Als Rechtsgrundlage für den Erlass von Verordnungen er- 
setzen „die hinreichend prázisen, unmittelbar anwendbaren (self 
executing^) Staatsvertráge ... die formellen Gesetze und treten an de- 
ren Stelle; der Erlass eines inhaltsgleichen formellen Gesetzes ist un- 
nötig“ 1286 
Auch wenn sie die Akzente unterschiedlich setzen, sind StGH 
1997/19, StGH 1997/41 und VBI 1998/72 für diese Praxis beispielhaft: 
In StGH 1997/19 wird der verfassungsändernde bzw. -ergänzende 
Charakter des EWRA!287, in StGH 1997/41 wird „primär“1288 gas 
ANAG und in VBI 1998/72 werden die FPA I und II als Rechts- 
grundlage für ein- und dieselbe Verordnung (die BVO) herangezo- 
1285 StGH 2002/84, n. Publ., Pkt. 2.2.1 der Entscheidungsgründe, S. 19 des Entscheidungstextes. 
1286 Kley (Verwaltungsrecht) S. 173, der seine Feststellung allerdings — unzutreffenderweise — mit 
dem Attribut der ‚unmittelbaren Anwendbarkeit des in Frage stehenden vólkerrechtlichen 
Vertrages verknüpft; siehe hierzu unten Pkt. 4.2.2. 
1287 Siehe zum verfassungsándernden bzw. —ergánzenden Charakter des EWRA StGH 1996/34, 
LES 2/998 S. 80. 
1288 StGH 1997/41, n. publ., Pkt. 2 der Entscheidungsgründe, S. 10 des Entscheidungstextes. 
257
	        

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