auch auf die ‚Materie’ des Wirtschaftsvertragsrechts bezieht,
d.h. nur auf deren Erscheinungsform (Kundmachung der Anla-
gen der Wirtschaftsverträge im Liechtensteinischen Landesge-
setzblatt) und nicht auch auf ihren Inhalt 1997,
In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob das Wirt-
schaftsvertragsrecht liechtensteinisches Recht bildet:
Gegen eine solche Bezeichnung spricht der Umstand, dass der
Begriff der ,im Fürstentum Liechtenstein aufgrund von
Staatsvertrágen anwendbaren Rechtsvorschriften’ sowohl auf
der Verfassungs-1908 als auch auf der Gesetzesebene!00? zu ei-
nem ferminus technicus geworden ist. Dieser Begriff signali-
siert, dass es sich bei diesen Rechtsvorschriften nicht um lan-
desrechtliche (d.h. um Verfassung, formelles Gesetz oder
Verordnung) handelt. So wird das Wirtschaftsvertragsrecht
von der Regierung denn auch als in Liechtenstein aufgrund
des jeweiligen Wirtschaftsvertrages geltende Schweizerische
Rechtsvorschriften kundgemacht 1919,
Liechtensteinisches Recht kann das Wirtschaftsvertragsrecht
aber auch deshalb nicht sein, weil Liechtenstein an seiner Ent-
stehung weder in der Schweiz noch im Innenverhältnis der
Rechts- und Wirtschaftsgemeinschaft beteiligt ist. Kein einzi-
ger Schritt der Anwendbarkeitsverfahren 1911 kann als ,Ge-
setzgebung' bzw. als , Rechtssetzung' bezeichnet werden; eine
solche Qualifikation ist jedoch eine conditio sine qua non dafür,
dass ,liechtensteinisches Recht’ bestehen bzw. dass es zu sol-
chem kommen kann. Der Geltungsgrund des Wirtschaftsver-
tragsrechts ist in Liechtenstein kein landes-, sondern ein vól-
kervertragsrechtlicher!01?; seine Existenz geht nicht auf die
Tátigkeit eines (liechtensteinischen) Staatsorgans, sondern auf
jene des Schweizerischen Bundesrats zurück. Das Wirtschafts-
1007 Siehe zur Unterscheidung in ,Medium' und ,Materie' des Wirtschaftsvertragsrechts das 24.
Kapitel Pkt. 3.2.2.
1008 Art. 67 Abs. 2LV.
1009 Art. 3 Bst. c und 11 Abs. 1 Bst. a KmG.
1010 Siehe z.B. den Titel der ,Kundmachung vom 6. Mai 2003 der aufgrund des Zollvertrages im
Fürstentum Liechtenstein anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften (Anlagen | und
II)", LGBI. 2002 Nr. 93; LR 170.551.631. Nach dem Ingress dieser Kundmachung macht die
Regierung mit ihr ,die im Anhang 1 (Anlage I) und Anhang 2 (Anlage II) aufgeführten auf dem
Gebiete des Fürstentums Liechtenstein anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften
kund".
1011 Siehe hierzu das 8. Kapitel Pkt. 3.1.
1012 Siehe hierzu statt vieler Thürer (Vólkerrechtsordnung) S. 102.
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