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fahrens, sondern bereits die Anwendbarkeitsklausel des Art. 4 ZV,
die durch die Vollzugsorgane unabhängig (d.h. autonom) auszulegen
und anzuwenden ist°°*. Liechtenstein (und zwar vor allem das
OG895 und der Staatsgerichtshof696) ist demgegenüber davon ausge-
gangen, dass sich die Geltung des Zollvertragsrechts aus Art. 4 ZV
nur mittelbar ergibt. Den Anwendbarkeitsbefehl bildet, diesem Ver-
stándnis nach, nicht schon die Anwendbarkeitsklausel des Art. 4 ZV,
sondern erst die Durchführung des Anwendbarkeitsverfahrens, dem
die Vollzugsorgane nicht nur den Inhalt und Umfang, sondern auch
den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zollvertragsrechts zu entneh-
men haben und der durch sie abhängig auszulegen und anzuwenden
ist.
Die Auswirkungen dieses unterschiedlichen Verstándnisses
sind nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Theorie erheblich:
Bildet Art. 4 ZV einen unmittelbaren Geltungsgrund, ist diese Be-
stimmung den anderen Bestandteilen des Anwendbarkeitsverfahrens
übergeordnet und aus sich selbst heraus rechtskraftbegründend. Bildet Art.
4 ZV nur einen mittelbaren Geltungsgrund, ist diese Bestimmung
den anderen Bestandteilen des Anwendbarkeitsverfahrens unterge-
ordnet und nicht aus sich selbst heraus rechtskraftbegründend. Im zweiten
Falle ist die Wirksamkeit von Art. 4 ZV von der „peinlich genau-
en'697 Durchführung des Anwendbarkeitsverfahrens unabhàngig,
im ersten Fall ist sie es nicht. Und: Je nach dem (,schweizerischen’
oder liechtensteinischen’) Verstándnis von Art. 4 ZV bedarf das Zoll-
vertragsrecht zu seiner Geltung nicht nur jenseits, sondern auch dies-
seits des Rheins eines ‚Mediums‘, in dem es in Erscheinung tritt, d.h.
es bedarf eines Dokuments, in dem die betreffenden, in Liechtenstein
aufgrund der ZV geltenden Schweizerischen Rechtsvorschriften auf-
geführt sind.
Als ein solches ‚Medium’ kommen in erster Linie die Anlagen
I und II ZV und in zweiter Linie (als eine Art ,Ersatz-Medium'€98) die
Mitteilung des Schweizerischen Bundesrates gemäss Art. 10 ZV, die
Kenntnisnahme durch den Landtag gemäss Art. 3 Abs. 1 EGZV, die
öffentliche Bekanntmachung durch die Regierung gemäss Art. 4 Abs.
Siehe hierzu Appel/Caspers S. 80ff für das Beispiel des Patentrechts unter dem PSV in
Bezug auf das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 4C.38/2001 vom 30. Mai 2001,
BGE 127 Ill 461ff.
Ns 28/88, LES 1/1989 S. 33.
StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 42.
Becker (2. Teil) S. 77.
Becker (2. Teil) S. 80.
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