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den Fällen einer Meinungsverschiedenheit zwar die Möglichkeit ei-
ner Anrufung des Schiedsgerichtes gemäss Art. 43 ZV94?, Zu diesem
Schritt ist es seit dem 1. September 1996 jedoch ebenso wenig ge-
kommen wie vor diesem Zeitpunkt.
Auch nach der Neuordnung der Anwendbarkeitsverfahren
Mitte der achtziger und neunziger Jahre des vergangenen Jahrhun-
derts besteht die Bindung Liechtensteins an die (vor allem, wenn
auch nicht nur politischen) Zwänge der Rechts- und Wirtschaftsge-
meinschaft mit der Schweiz fort. Formell ist also alles beim alten ge-
blieben. Materiell hat die Regierung im Zuge der Durchsicht der AS
jedoch einem klaren und eindeutigen Auftrag des Staatsgerichtshofes
nachzukommen, der — was viel zu selten wahrgenommen wird - auf
die Präambel des ZV843 zurückgeht, der im Rahmen der Ermessens-
und Entscheidungskompetenzen der Regierung zu erfüllen ist und
der in diesem Rahmen zur Folge hat, dass die Regierung in der Aus-
übung ihrer unter den Wirtschaftsvertrágen bestehenden ,Quasi-
Rechtssetzungsbefugnisse"9^^ an rigide souverünitütspolitische Vorga-
ben gebunden ist9^?, mit denen sich die Idee einer ,Blankovoll-
macht^946 des Schweizerischen Bundesrates nicht vereinbaren lässt.
Für die Tátigkeit der Regierung als Initiantin und Sponsorin der Be-
reinigungsrunden bildet deses Ventil ein (vor allem unter dem Ge-
sichtspunkt des Gewaltenteilungsprinzips unverzichtbares) Regula-
tiv.
Trotz des Korsetts, in dem sich die Regierung im Zuge der Be-
reinigungsrunden zu bewegen hat, ist es sie, die Regierung, die
durch die zweite Reform des Kundmachungsrechts an Profil gewon-
nen hat. Auch wenn ihre Tátigkeit durch die Anwendbarkeitsklau-
seln materiell mehr oder weniger stark vorgezeichnet sein mag, ist es
formell nach wie vor die Regierung, die über die Rechtskraft der in
Liechtenstein geltenden Schweizerischen Rechtsvorschriften befin-
det: Aufgrund des Wirtschaftsvertragsrechts-KmG wird das Inkraft-
treten ebenso wie das Ausserkrafttreten des Wirtschaftsvertragsrechts
durch die Regierung festgelegt.
Siehe hierzu statt vieler Niedermann S. 93.
In der Práambel des ZV ist von einem ,Vorbehalt der souveránen Hoheitsrechte Seiner
Durchlaucht des Fürsten von Liechtenstein" die Rede.
Becker (2. Teil) S. 83.
Siehe hierzu z.B. das Wort in StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 41, wonach die unter dem ZV
„über die Staatshoheitsrechte Liechtensteins getroffene Verfügung die Souveránitàt Liechten-
steins nur in dem unbedingt erforderlichen Ausmass eingeschränkt hat“.
StGH 1981/18, LES 2/1983 S. 40.
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