Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

be schwerdeverfahren über die notwendige Selbstbetroffenheit hinaus auch die objektiv-rechtliche Funktion des Verfassungsbeschwerde ver - fah rens im Auge zu behalten. Sie verweise auf die Aufgabe des Bundes - verfassungsgerichts, «das objektive Verfassungsrecht zu wahren sowie seiner Auslegung und Fortbildung zu dienen». Weise die objektive Seite des Falles im Verhältnis zum subjektiven Interesse eigenständiges Gewicht auf, führe dies regelmässig zu einer Erhöhung des Ausgangs - wer tes, und zwar – je nach Wichtigkeit – bis zu einer Vervielfachung. Dabei kommt – so das Bundesverfassungsgericht – «einer über den Fall hinausreichenden, allgemeinen Bedeutung (z.B. für die Auslegung von Normen) grösseres Gewicht zu als einer sich nur auf Parallel sach ver - halte erstreckenden (Musterverfahren). Je stärker die Flächenwirkung der angestrebten Entscheidung ist und je grösser die Zahl der denkbaren Fälle ist, für die sie relevant sein kann, desto höher wird ihr Wert zu ver- anschlagen sein».233Zur näheren Begründung stellt das Bundesverfas - sungs gericht dabei auf «die Eigenarten des Verfassungsbeschwerde- Verfahrens» ab, die es deutlich vom fachgerichtlichen Rechtsschutz abhöben und ihren Ausdruck im Status des Gerichts sowie in den Wir - kungen seiner Entscheidungen fänden. «Obwohl die Verfassungs be - schwerde dem individuellen Rechtsschutz dient und ein echter Rechts - be helf ist, gehört sie nicht zum Rechtsweg. Sie eröffnet eine eigenständi- ge Kontrolle, die sich auch auf die dritte Gewalt erstreckt. Obwohl es – anders als in Liechtenstein234– im formellen Sinne keine Verfahrens - gegner wie im kontradiktorischen Verfahren vor den Fachgerichten gibt, ist ‹eigentlicher› Passivbeteiligter immer der Staat, der Bund oder das Land, dessen Behörden, Gerichte oder Gesetzgebungsorgane die ange- griffene Massnahme oder Regelung zu verantworten haben. Jede dieser drei Gewalten wird der verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Die über den jeweiligen Fall hinausgehende umfassende Bedeutung des ver fassungsgerichtlichen Rechtsschutzes kommt vor allem darin zum Aus druck, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden bindend sind (§ 31 Abs. 1 BVerfGG). Darüber hinaus entfalten sie nach § 31 Abs. 2 63 
Plurifunktionalität der Verfassungsbeschwerde 233BVerfGE 79, 365 (368 f.). 234Siehe dazu im Folgenden sub 5. a) bb), S. 71 f.
	        

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