Folge hat. Dies trifft etwa zu, wenn das verfassungsgesetzlich gewährlei- stete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wür- de, wodurch auch eine einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit des ange- fochtenen Verwaltungsaktes bewirkt wird. Der Sinn der Verfassungs be - stimmung, den Verfassungsgerichtshof zur Ablehnung in solchen Fällen zu ermächtigen, ist darin zu sehen, dass nicht beide Gerichtshöfe des öf- fentlichen Rechts eine im Wesentlichen übereinstimmende Prüfung vor- nehmen sollen, mit anderen Worten darin, dass die Prüfung solcher Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof konzentriert wird.224 Das liechtensteinische Verfassungsprozessrecht kennt nun – muss man sagen: noch? –
225keine etwa der deutschen Konzeption, die ja aus der notorischen Überlastung des Bundesverfassungsgerichts erklärbar ist, vergleichbare Regelung. Im Gegenteil: Das einschlägige Verfassungs - pro zessrecht auf Verfassungsebene, nämlich Art. 104 Abs. 1, 1. Alt. LV, das die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof zum Schutze der ver fassungsmässig gewährleisteten Rechte der Bürger garantiert, stellt im Blick auf den Zugang zum Verfassungsgericht eindeutig auf die sub- jektive Rechtsschutzfunktion der Verfassungsbeschwerde ab. Wie selbstverständlich spricht
Gerard Batlinerdeshalb auch von der «verfas- sungsrechtlichen Individualbeschwerde».226Im Übrigen aber eröffnet die fragmentarische Normenkonzeption des liechtensteinischen Verfas - sungs prozessrechts erhebliche Spielräume für den Staatsgerichtshof, dessen Rechtsprechung damit jedenfalls partiell inhaltliche Ausfüllung des Verfassungsprozessrechts
227bedeutet. Die Art und Weise der verfas- sungsrichterlichen Reaktion auf die Lückenhaftigkeit der normativen Ordnung hängt nun ab von dem Vorverständnis des Gerichts von der Auf gabe der Verfassungsgerichtsbarkeit im Grundsätzlichen und der Auf fassung von der spezifischen Verfahrensart im Einzelnen.228Dem ist 61
Plurifunktionalität der Verfassungsbeschwerde 224Vgl. hierzu Rudolf Machacek, in: Rudolf Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Ver - fassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof, S. 73, mit Beispielen aus der Rechtsprechung S. 74 f. 225Auch für den StGH könnte sich angesichts seiner Struktur und Arbeitsweise einer- seits und der offenkundig zunehmenden Zahl der Verfassungsbeschwerdeverfahren in nicht allzu ferner Zukunft die Kapazitätsfrage stellen. Vgl. dazu noch unten im Schlussteil, S. 205 f. 226Siehe etwa Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung und die EMRK, in: Peter Geiger/Arno Waschkuhn (Hrsg.), Liechtenstein, S. 91 (111 ff.). 227So Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 21 f. 228Vgl. dazu auch schon oben, S. 31 ff.