Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

die Rechtsgültigkeit der einschlägigen Regelungen zu beurteilen, «in der Er wartung, dass unverzüglich geeignete Massnahmen zur Wiederher - stel lung der verfassungsrechtlichen Ordnung ergriffen werden».881Auf diese Entscheidung nimmt der Staatsgerichtshof – und zwar in seiner Eigenschaft als Verwaltungsgerichtshof882– Bezug und führt unter aus- drücklicher Bezugnahme auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bun desverfassungsgerichts883den Begriff der 
Appellentscheidungein. Zu gleich unter legitimatorischer Berufung auf die schweizerische Judi - ka tur betrachtet er eine «nur anlassbedingte, doch darüber hinaus allge- mein auf das geltende wie neu zu regelnde Steuerrecht wirkende Kassa - tion untunlich».884Der Staatsgerichtshof versteht diese Entscheidungs - va riante offenkundig als einen den Gesetzgeber schonenden Urteils - spruch,885wenn er ausführt, er wolle dem Gesetzgeber nicht vorgreifen und bei der Besteuerung eines konkreten Falles vorschreiben, wie und in welcher Höhe die Besteuerung zu geschehen habe. Sodann aber fügt er seine eigenen Vorstellungen von einer zukünftigen Regelung gleichsam als Empfehlung an.886 Von dieser Form der Appellentscheidung im eigentlichen Sinne, die im Anschluss an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer gesetz- lichen Regelung eine Nachbesserung des Gesetzgebers verlangt, gibt es auch «weichere» Formen. In dieser Konstellation vermag der Staats ge - richts hof (noch) nicht von einer verfassungswidrigen Rechtslage zu sprechen, legt dem Gesetzgeber aber dennoch eine Intervention nahe.887 Hier sind es rechtspolitische oder menschliche888Fragwürdigkeiten und Kor rektur bedürftigkeiten bestimmter Gesetze, die ihn veranlassen, Rat - schläge bzw. Empfehlungen zu 
erteilen.889195 
Appellentscheidungen 881StGH 1981/18, aaO. 882Dies vermerkend auch Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 314. 883Siehe vorläufig nur Martin Schulte, Appellentscheidungen des Bundesverfassungs - gerichts, DVBl. 1988, 1200 ff. 884StGH 1989/15 – Urteil vom 31. Mai 1990, LES 1990, 135 (141). 885Dazu siehe noch sogleich, S. 192. 886Siehe StGH 1989/15 – Urteil vom 31. Mai 1990, LES 1990, 135 (141). 887Siehe zu diesen Formen auch Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 319 f., wo aller- dings beide Varianten jeweils als Regelfall vorgestellt werden. – Zu Ansätzen in der Judikatur des österreichischen VerfGH: Peter Oberndörfer, Die Verfassungs recht - spre chung im Rahmen der staatlichen Funktionen, EuGRZ 1988, 193 (202f.). 888Siehe etwa StGH 1985/1 – Urteil vom 8. April 1986, LES 1986, 108 (112): «Der Staatsgerichtshof anerkennt die menschlichen Schwierigkeiten …». 889Siehe auch mit Nachweisen Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 316 ff.
	        

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