Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

Verhältnisses von speziellen Grundrechten zum Auffanggrundrecht auf Willkürfreiheit. Der präzise Blick auf den mit der Verfassungs be - schwerde angegriffenen Hoheitsakt und den durch ihn erfassten Lebens - sach verhalt wird nicht selten erweisen, dass etliche fachgerichtliche Ent - schei dungen gleichsam «im» Gewährleistungsbereich eines besonderen Freiheitsrechts ergehen. Die Rüge einer willkürlichen Rechtsanwendung beinhaltet in solchen Fällen dann eigentlich die Geltendmachung einer Ver letzung spezifischen Verfassungsrechts.794Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Ein Arbeitnehmer, dem wegen einer kritischen Äusse- rung über die Unternehmensführung gekündigt wird, kann mit der Rüge willkürlicher Anwendung des Kündigungsrechts durch das die Kün di - gung bestätigende Gericht – genau betrachtet – geltend machen, das Ge - richt habe bei der Auslegung des einfachen Rechts die Bedeutung der Meinungsfreiheit verkannt. Eine entsprechende Verfassungsbeschwerde zielt dann im Kern auf die Kassation einer fachgerichtlichen Entschei - dung, die die Schutz- bzw. Ausstrahlungsdimension des einschlägigen Grund rechts795verfehlt hat. Auch bei dieser Problemaufbereitung bleibt das Grundsatz pro - blem der Abgrenzung zwischen dem Vorrang des fachgerichtlichen Grund rechtsschutzes und der verfassungsgerichtlichen Kontrolle beste- 179 
Zusammenfassende Überlegungen 794Die Formel vom spezifischen Verfassungsrecht dient namentlich dem Bundes ver fas - sungsgericht zur prinzipiellen Umschreibung seiner Kontrollkompetenz gegenüber der Fachgerichtsbarkeit (siehe etwa BVerfGE 18, 85 (92); 62, 338 (343); 80, 81 (95); ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu aus der reichhaltigen Literatur mit weiteren Nach weisen Klaus Schlaich/Stefan Korioth, Bundesverfassungsgericht, Rn. 271 ff.; vgl. ferner etwa Gerhard Robbers, Für ein neues Verhältnis zwischen Bundes ver - fassungsgericht und Fachgerichtsbarkeit – Möglichkeit und Inhalt von ‹Formeln› zur Bestimmung von verfassungsgerichtlicher Kompetenzweite, in: Harald Bogs (Hrsg.), Urteilsverfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht 1999, 57 ff.; Christoph Gusy, Die Verfassungsbeschwerde, in: Peter Badura/Horst Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Bd. 1, 2001, S. 641 (663 ff.); aus der älteren Literatur vor allen Dingen Hans-Jürgen Papier, «Spezifisches Ver fas - sungs recht» und «Einfaches Recht» als Argumentationsformel des Bundes verfas - sungs gerichts, in: Christian Starck (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und Grund - gesetz, 1. Band, 1976, S. 432 ff.; Ulrich Steinwedel, «Spezifisches Verfassungsrecht» und «Einfaches Recht», 1976. – Die Formel vom spezifischen Verfassungsrecht hat der Staatsgerichtshof aufgegriffen in StGH 1994/19 – Urteil vom 11. Dezember 1995, LES 1997, 73 (75), wo er an der «an sich zwar durchaus schlüssige(n)» Argu - men tation des OGH doch bemängelt, dass sie «spezifisch grundrechtliche Aspekte ausser Acht» lässt. 795Siehe dazu Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 78 f. mit weiteren Nachweisen; ferner Kuno Frick, Die Ausstrahlung der Grundrechte auf Privatrechtsbeziehungen. Liechtenstein-Institut. Beiträge Nr. 3, 1996.
	        

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