Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

Sachinstanz in Anspruch zu nehmen.760Der Staatsgerichtshof stimmt dieser grundsätzlichen Einschätzung des OGH zwar zu, versäumt aber nicht darauf hinzuweisen, dass er – im Gegensatz zum österreichischen Verfassungsgerichtshof – «aber doch gemäss Art. 23 StGHG die Auf - gabe (habe), sämtliche mit Verfassungsbeschwerde angefochtene End - ent scheidungen – also nicht nur Entscheidungen der VBI, sondern auch diejenigen des OGH – auf ihre Verfassungsmässigkeit zu überprüfen und allenfalls zu kassieren».761 Auch wenn kein spezifisches Grundrecht betroffen ist, sieht sich der Staatsgerichtshof auf einen entsprechenden Antrag doch zur Prüfung berufen, ob eine Verletzung des Willkürverbots vorliege. Wann nun die Grenze zwischen einer in einem Rechtsstaat gerade noch ver- tretbaren und einer qualifiziert falschen und damit willkürlichen Entscheidung überschritten sei, habe er – so der Staatsgerichtshof in ei- ner deutlichen Akzentverschiebung gegenüber der bisherigen Judikatur – «im Einzelfall ab(zu)wägen und nachvollziehbar zu begründen – letz- teres jedenfalls solange, als der Gesetzgeber dem Staatsgerichtshof nicht die Möglichkeit einräumt, offensichtlich unbegründeten Verfassungs - beschwerden ohne nähere Begründung keine Folge zu geben».762Und hieran schliesst der Staatsgerichtshof die Feststellung an: «Nach der gel- tenden gesetzlichen Regelung hat der Staatsgerichtshof indessen bei je- der Willkürbeschwerde die vorgebrachten Argumente des Beschwerde - füh rers grundsätzlich nicht anders als eine vierte Rechts- oder allenfalls sogar Sachinstanz genau zu prüfen – auch wenn die vom Staatsgerichts - hof aus dieser Analyse zu ziehenden rechtlichen Folgerungen grundsätz- lich andere sind als bei einer ordentlichen Gerichtsinstanz. Eine von vorn herein eingeschränkte Prüfung von Willkürbeschwerden würde da- gegen eine Rechtsverweigerung darstellen».763 172Prüfungsumfang 
und Kontrolldichte 760Siehe bspw. StGH 1995/28 – Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1998, 6 (11). 761StGH 1995/28, aaO, S. 11. 762Diese letztere Bemerkung deutet wohl auf die zunehmende Belastung des Staats ge - richtshofs durch das Institut der Verfassungsbeschwerde hin und weist einen mög- lichen Entlastungsausweg. 763So StGH 1995/28 – Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1998, 6 (11) unter Bezug - nahme auf die Ausführungen von Fritz Gygi, Freie und beschränkte Prüfung im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren, in: Kurt Eichenberger u.a., Festschrift für Hans Huber, S. 192. – Zu den Parallelen und Unterschieden zur schweizerischen Judi katur siehe noch sogleich, S. 176 f.
	        

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