Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

richts hof ausgeführt, das EWR-Abkommen habe «materiell einen verfas- sungsändernden bzw. -ergänzenden Charakter».537Hieraus ergebe sich, dass der Staatsgerichtshof seine Normenkontrollfunktion auch in Be zug auf die Übereinstimmung innerstaatlicher Gesetze und Verord nun gen mit dem EWR-Recht wahrzunehmen habe. Deshalb sieht der Staats ge - richts hof «kein Hindernis für eine materielle Behandlung der Rüge des Be schwerdeführers, wonach das neue Treuhändergesetz gegen den EWR-Vertrag verstosse».538Wenig später hat der Staatsgerichtshof diese Auffassung erneut bekräftigt: Die wiederum aufgeworfene Frage, «ob die in der vorliegenden Beschwerde erhobene Rüge der Verletzung von EWR-Recht zulässig» sei, wird unter Bezugnahme auf StGH 1996/34 knapp bejaht.539 In der Sache mag vieles für eine entsprechende Kontrollkompetenz des Staatsgerichtshofs sprechen; indes ist es in hohem Masse problema- tisch, dass die entsprechende judikative Tätigkeit des Staatsgerichtshofs sich in diesem Falle – anders als im Blick auf die EMRK-Rechte sowie die Rechte des UNO-Paktes II540– nicht einmal auf eine einfachgesetz- liche, geschweige denn verfassungsrechtliche Grundlage stützen kann. Eine so wesentliche Zuständigkeitserweiterung hätte aber eine Regelung durch den Gesetz- und den Verfassungsgesetzgeber verlangt.541 bb) Kontrolle von EWR-Recht am Massstab «höherrangigen» Verfassungsrechts? Das Inkrafttreten des EWR-Abkommens hat eine weitere dogmatisch hochkomplizierte Fragestellung aufgeworfen: Der Staatsgerichtshof hat sich nämlich veranlasst gesehen, die Verfassungskonformität des EWR- Rechts zu thematisieren. Zwar überprüft er EWR-Recht bzw. sich direkt 123 
Beschwerdegrund – Schutzobjekt der Verfassungsbeschwerde 537StGH 1996/34 – Urteil vom 24. April 1997, LES 1998, 74 (80) unter Bezugnahme auf Thomas Bruha/Markus Büchel, Staats- und völkerrechtliche Grundfragen einer EWR-Mitgliedschaft, LJZ 1992, 3 (5) sowie Wolfram Höfling, Die liechtensteini- sche Grundrechtsordnung, S. 31 (allerdings habe ich an dieser Stelle nur vom grund - sätz lichen Vorranganspruch des EWR-Rechts gegenüber nationalem Recht gespro- chen). 538StGH 1996/34, aaO, S. 80. 539Siehe StGH 1998/6 – Urteil vom 18. Juni 1998, LES 1999, 169 (171). 540Dazu vorstehend d). 541So zu Recht auch Andreas Kley, Landesbericht Liechtenstein, S. 33.
	        

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