und Ehrenmänner dargestellt werden, darf man sich nicht allzusehr über die liechtensteinische Neo-Nazi-Szene wundern: sie hat ein festes Fun - da ment auf einer alten Szene. Die Frage drängt sich auf, wie sehr der Kern des Rechtsradikalismus in der Gemütstiefe der Stuben im Länd - chen da oben am deutschen Rhein seinen Sitz hat. Manchmal fällt mir Heine ein: 
Wenn ich anLiechtenstein denk in der Nacht ...Heine hat im Exil in Paris, das ihm aber, wie andern später – Walter Benjamin und Paul Celan zum Beispiel – auch zur geliebten Stadt wurde, manchmal mit Unruhe und Schmerz an Deutschland gedacht. Vielleicht ist meine Liebe zu Paris auch an diese Namen gebunden, deren Schreiben und Den ken mich geprägt haben, auch zu meiner «Identität» gehören. Dass auch mein Grossvater, lange bevor das reich gewordene Liechtenstein Gast arbeiter aus andern Ländern importierte, einige Zeit mit andern liech tensteinischen Gipsern und Maurern in Paris als Gastarbeiter auf dem Bau tätig war, ist mir erst neulich wieder zu Bewusstsein gekom- men. Leider konnte ich keine Details darüber erfahren, ausser dass es für ihn ein kaltes Paris war, also wohl ein sehr anderes als für mich, der mit Liebe in den Strassen dieser Stadt flaniert, und manchmal hier wie in Balti more, nicht nur bei Nacht, etwas beunruhigt an Liechtenstein denkt: aus distanzierter 
Nähe. Über den Autor Rainer Nägele, geboren 1943 in Triesen, besuchte das Gymnasium Untere Waid in St. Gallen und Gutenberg, Balzers. Studium der Lite ra - tur und Philosophie in Innsbruck, Göttingen, und an der Universität von Kalifornien. Gastprofessuren in Hamburg, Aarhus (Dänemark) und an der Ecole Normale Supérieure in Paris. Arbeitet heute als Professor für deutsche und vergleichende Literaturwissenschaft an der Johns Hop - kins Universität in Baltimore, Maryland USA. Mitorganisator und -her- ausgeber der Liechtensteiner Exkurse. Buchpublikationen u.a. «Echoes of Translation», «Lesarten der Moderne», «Literarische Vexierbilder». 88Rainer Nägele