Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

einfach «Natur», sondern haben viel mit Namen zu tun. Das Lawena - tobel mag noch so wild sein, es ist benamte und benannte Landschaft, vom Sagen und der Sage besetzt, wie fast jede Ecke der Landschaft, die ich kenne und liebe. In solchen Konfigurationen können kleine, leichte, gleichzeitig flüchtige und bleibende Identitäten aufblitzen. Freilich, was ich von aussen als liechtensteinische «Identität» sehe und wahrnehme, ist etwas anderes, mich abstossendes, nämlich wie sie sich selber in der Öffentlichkeit als Identität behaupten möchte und sich darstellt. Da kann es vorkommen, dass das blosse Wort «Liechtenstein» mir Unbehagen schafft. Daran ändern auch die Bergzüge nichts. Das Unbehagen hat nicht einmal sosehr mit dem zu tun, was jetzt nach und nach ans Licht kommt. Genau genommen, ist das ja alles nicht einmal sehr neu und überraschend von der braunen Geschichte Liechtensteins bis zur gegenwärtigen Geldwäscherei. Aber was mich ankotzt, ist die tota le Unfähigkeit der liechtensteinischen Öffentlichkeit, auch nur im An satz etwas von den Tatsachen anzuerkennen, die geradezu groteske Ver leugnung und Abschiebung ans Fremde von allem, was das pom pöse verlogene Selbstbildnis stören könnte. Manchmal grenzt das ja auch ans Lachhafte; so etwa am 1. September 2000, als der Bericht von Spitzer her auskam, der selbst in der New York Times kommentiert wurde unter dem sehr moderaten Titel 
Liechtenstein is Found Lax in Monitoring of Bank Deals.Der Bericht hob besonders die Kritik an der Liechtensteini - schen Justiz hervor. Am gleichen Tag las ich im Internet die grosse Schlag zeile des Liechtensteiner Volksblatt: BND ANSCHULDIGUN- GEN HALTLOS! Die Unfähigkeit zu jeder Selbstkritik geht Hand in Hand mit einer abgründigen Humorlosigkeit in bezug auf diese aufgeblähte leere Iden - ti tät. Liechtensteiner Witze sind immer über andere, über sich selbst ist man unfähig zu lachen. (Ich spreche nicht von gelegentlichen Kabarett- Aufführungen, und mehr oder weniger rituellen Fasnachtsveranstaltun - gen, sondern von den Witzen, die sich Liechtensteiner untereinander er- zählen.) Wenn ich überhaupt an Liechtenstein als etwas Einheitliches mit einer vagen Identität denken kann, so fast nur als ein Land, wo die Ver - drän gung mehr als anderswo über Jahrhunderte hinweg eine mehr als durchschnittliche Verknorkstheit produziert hat, die am fürchertlichsten im Stil der beiden Landeszeitungen sich gestisch abzeichnet. Natürlich gibt es Verdrängung überall, und alle Staats- und Gemeinschaftgsgebilde haben die Tendenz dazu nicht weniger als die Individuen. Aber die Tat - 85 
Nichtidentisches: Aus distanzierter Nähe
	        

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