Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

Nichtidentisches: Aus distanzierter Nähe Rainer Nägele Ein Brief aus Liechtenstein geht nach Baltimore, in die USA. Aber der liech teinsteinische Adressat ist gerade nicht da, sondern anderswo, in Paris, seinem andern geliebten Da und Fort. Denn wo immer er da ist, da ist er auch fort: da in Baltimore, wo er seinen Arbeitsplatz und einen Wohnsitz hat, da in Paris, wo er zwischen den Semestern einen zweiten Arbeits- und Wohnort seiner Wahl gefunden hat, da in einem, fort vom andern, fast immer fort von da, wo er geboren war, von dem Land, des- sen Pass er an den Grenzen der Länder vorzeigt. Nur manchmal auch wieder da in dem Land, fort aber von seinen Wohnsitzen, und fort und da auch im Land schon von früh auf. Denn geboren war er in Triesen, aber schon in den ersten Kinderjahren verbrachte er die Wochentage, während die Eltern in der Fabrik arbeiteten, in Triesenberg, genauer am Wan gerberg, von wo ihn am Freitag abend der Vater nach Triesen hin- unter trug. Fort da. Der Brief erreichte den Adressaten schliesslich doch in Paris, nicht ohne Vermittlung über Berlin. Auch das ein nicht ganz unbedeutender Zug in den postalischen Verwicklungen, in deren krummen Zügen sich so etwas wie eine erste Skizze einer Antwort auf die im Brief aufgewor- fene Frage entziffern liesse. Der Berliner Freund, der dem Briefabsender den Wink nach Paris gab, ist der älteste Liechtensteiner Freund (ein Ver - schrei ber schrieb da zuerst «Freud»!) des Adressaten, aus der Zeit als sie beide noch Studierende waren; und er war es, der den eben aus dem Ko - kon des Internats entschlüpften zu einigen Versammlungen der Liech - ten steinischen Akademischen Gesellschaft mitnahm. Der eben gewesene Gymnasiast und angehende Uni-Student fand da eine Seite von Liech - ten stein, von der er, seit acht Jahren fort im Internat, wenn auch nicht weit und die letzten zwei Jahre sogar in Liechtenstein, auf Gutenberg in Balzers, aber doch immer noch und immer wieder fort, keine Ahnung gehabt hatte. Das intellektuelle Leben, das er im Internat kennengelernt 78
	        

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