Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

habe einen Landtagsabgeordneten getroffen und ihm gesagt: «Jetzt habt ihr gerade noch Schwein gehabt». Die Liechtensteiner Männer hätten sich international so blamiert, wenn sie sich weiterhin so uneinsichtig ge- bärdet hätten. Das ging einfach nicht mehr. Liechtenstein konnte sich solche Menschenrechtsverletzungen nicht mehr leisten. Wir waren Mit - glied bei verschiedenen internationalen Organisationen. Ich kann mir vorstellen, dass man unsere Repräsentanten bei diesen Organisationen belächelt hat, wenn sie zugeben mussten, dass die liechtensteinischen Frauen nicht die gleichen politischen Rechte haben, wie die Männer. Das war höchst peinlich und konnte nicht mehr mit gutem Gewissen nach aussen vertreten werden. Die ganze Gleichberechtigungsgeschichte ist rein emotional. Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Emotionales Argumentieren ist nicht immer nachvollziehbar. Vor der Abstimmung zum Frauenstimm - recht hat es im Volk gekocht. Da musste ich mir Diskussionen zwischen Männern anhören, die sich nicht geschämt haben, in übelster Art und Weise über das Thema zu reden. Ich habe gestaunt, dass man sich sogar in Anwesenheit von Damen so aufführte. Das hat mir gezeigt, dass die Mehrheit der liechtensteinischen Männer die Frauen gar nicht ernst nah- men. Als dann das Frauenstimmrecht eingeführt war, hat man plötzlich ge merkt, aha, jetzt haben sie eine Stimme, jetzt können sie etwas tun. Das war der Knackpunkt. Jetzt hätten sich Gegner der Gleichberechti - gung «outen» müssen, das heisst, sie hätten sich öffentlich dagegen aus- sprechen müssen. Das hätte Zivilcourage gebraucht. Ich habe am Ende meines Studiums Verwaltungsrecht und Staats - recht studiert, also öffentliches Recht. Ich kam mit einer idealistischen Vor stellung von Rechtsstaatlichkeit, von Verfassungs- und Verwaltungs - recht nach Liechtenstein zurück. Ich habe schnell gemerkt, dass zwi- schen Theorie und Praxis ein Graben klafft. Hier «kam ich auf die Welt», hier habe ich bald erkannt, wie die Realität tatsächlich aussieht. Mit der Einführung des Frauenstimmrecht war natürlich nur der al- lererste Schritt gemacht, nämlich dass wir politisch etwas zu sagen hat- ten. Viele Gesetze standen im Widerspruch zum Gleichheitsartikel der Verfassung, der bestimmte, dass alle Landesangehörigen vor dem Gesetz gleich sind. Eines der zentralen Interessen der Frauen, denen man zum Durchbruch verhelfen musste, war die Weitergabe der liechtensteini- schen Staatsbürgerschaft an ihre Kinder. Die Gesetzeslage war so, dass dies den liechtensteinischen Männern vorbehalten war. Wenn jemand 75 
Die Frauen haben mit konstantem und stetem Druck ...
	        

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