Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

nung von Möbeln: Massive Konstruktionen scheinen eine gewisse Stabi - li tät auszudrücken und den Benutzer zu beruhigen. Die extravaganten Kombinationen bleiben Cafés und Restaurants vorbehalten und sind auch dann meistens etwas überdimensioniert. So bleibt das Solide am Bau bis ins Innere massgebend und erzeugt eine gewisse Unbeweg lich - keit, die man schon fast als Trägheit bezeichnen könnte. Aus praktischen Gründen zieht man rauhverputze Wände den feinverputzen Abstraktio - nen vor und pocht auf abwaschbare Dispersionsanstriche. Lackierte Wän de gibt es kaum, obwohl diese feine Oberfläche besonders leicht ab- waschbar wären. Sauberkeit bedeutet also auch Haltbarkeit, denn die Lackwände sind einer ganz ungern gesehenen Gefahr ausgesetzt: den Rissen. An die Risse in den Pariser Wänden habe ich mich gewöhnt. Schon nach kürzester Zeit tauchen in den dortigen Alt- und Neubauten Risse auf. «Ça bouge», es bewegt sich, heisst es, zumal meistens Feinverputz verwendet wird und die rauhen Varianten als stilistisches Mittel den Creperien vorbehalten sind. Nun gibt es immer noch unendlich viele Tapetenarten, die in sehr bürgerlichen Häusern verwendet werden, denn auch damit werden die Risse eingedämmt, und wenn die Gipsdecke schon längst vergraut nach Neuem schreit, hält die Tapete noch unver- sehrt stand. Und Tapeten haben Autoren. Sie sind signiert und stammen aus feinen Geschäften, wenn sie nicht, übermalbar, rasch die Armut ver- decken sollen. So wie die gemusterten Tapezierstoffe, die nach Jahrzehn - ten zwar immer noch einwandfrei gespannt sind, aber nach Staub stin- ken. Der alte Le Corbusier hatte also doch recht: weg mit den Staub fän - gern. Nur mögen die Franzosen Le Corbusier nicht besonders, da sein Projekt für Paris immer noch ein Schreckgespenst ist und er überhaupt Schweizer war. Liechtenstein hat in diesem Sinne moderne Wände: hygiensich, sau- ber und unkompliziert. Man spricht von Innenarchitektur oder Design und der Begriff «Dekoration» gehört zum Karneval. Die Wände schei- nen mir hier oft etwas «unfertig» zu sein. Ich habe meistens das Gefühl, dass man sich, über die praktische Haltbarkeit hinaus, selten überlegt, wie eine Wand sein könnte. Ginge es nicht darum, sich einen inneren Hori zont zu schaffen, der ganz anders sein könnte als unsere Umwelt? Zu den Rauhverputzvarianten werden kaum Farben verwendet. Man scheut die Vergänglichkeit. Kommen Farben auf Wände, so haben diese meistens einen zweidimensionalen Signalcharakter. Sie sind selten Aus - 56Sabine Kranz
	        

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