Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

dies dem, was auf Seite 131 an dieser Stelle steht, etwas widerspricht. Man kann sich der Kurz- und Zirkelschlüsse kaum erwehren, wenn man von dem spricht, was mit sich selbst identisch ist.)9 Das heisst, dass man eines Menschen Selbst festhalten (fixieren) will. Also macht man sich ein Bild von ihm oder ihr. Solche Bilder vom Gegenüber klären dann aber meist weniger, als sie trüben: Das fixierte Selbst bleibt nicht lange nur Bild, sondern wird bald zum Vorurteil. Als solches vernebelt es erstens die Einschätzung des Gegenübers, zweitens drängt es dieses in die Defensive. Anders ausgedrückt: Fremdbild und Selbst bild stimmen nicht überein. Wie liesse sich nun sagen, was die wahre Identität des Selbst sei? In den letzten Zeilen wurde das Wort «selbst» ins Spiel gebracht. Be reits Erikson bemerkte, «dass unser Begriff der Identität sich weitge- hend mit dem deckt, was verschiedene Autoren das ‹Selbst› nennen» (S. 188). Es lohnt sich, dem Selbst vor allem in Verbindung mit andern Worten nachzuspüren. Auch Komposita mit «Selbst-» werden nicht aus- schliesslich dann verwendet, wenn von einer Person die Rede ist. Seit der Begriff Identität aus der Individualpsychologie auf die gesellschaftliche Ebene übertragen wurde, schwingen auch immer Begriffe wie Selbstver - ständ nis, Selbstwertgefühl oder Selbstachtung, Selbstverwirklichung oder Selbstbestimmung mit, wenn über die Identität einer Gesellschaft räsonniert wird. In einem 
Clinical Dictionary of Psychoanalysis wird Identität als Synonym von 
self-awarenessdefiniert (und auch als «sense of one’s con- tiuous being as an entity distinguishable from all others»). 
Self-awaren- ess,das Bewusstsein von sich selbst, ist demnach, was wir sind. Wenn Identität das Bewusstsein von sich selbst ist, dann ist Identität keine Selbstverständlichkeit, sondern entspricht dem Selbstverständnis. Sie fällt niemandem wie von selbst zu. Um die Identität muss der Mensch sich – wenn die Definition im 
Dictionarystimmt – bewusst selbst kümmern. Um eine Identität zu haben, muss man sich selbst ver- stehen (lernen). 137 
Wovon wir reden, wenn wir von Identität reden 9Ob das eine Eigenheit unserer Kultur ist, das Echte, Wahre immer in der Tiefe, im Innern auf keinen Fall aber an der Oberfläche zu suchen? Was nun, wenn die wahre Identität aber doch ganz oberflächlich und offensichtlich wäre, wir aber immer in der Kultur (von der jeder etwas anderes denkt) oder in der Geschichte (in der sich die wenigsten auskennen) oder auch nur in der Kunstsammlung (deren Bestände nur der Katalogisierer kennt) forschen?
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.