Volltext: Flexible Integration für Kleinstaaten?

dass für einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit künftig mindestens die Hälfte der Mitgliedstaaten, fast drei Viertel der Stimmen und 62 Pro - zent der Bevölkerung zustimmen müssen (vgl. Kap. 5.1.2). Die für ein Voranschreiten einer 
Avantgardeals «letztes Mittel» in Frage kommen- den Politikbereiche sind eng begrenzt. Sie sollen keine vertragsfremden Bereiche und weder den Binnenmarkt noch militärische und verteidi- gungspolitische Fragen betreffen. Freiburghaus identifiziert fünf «systeminhärente» Schranken, wel- che die Flexibilität einengen: eine wirtschaftliche, eine rechtliche, eine in- stitutionelle, eine solidaritätsbedingte und eine identitäre Schranke.188 Mit anderen Worten, die Logik des Binnenmarkts (diskriminierungsfrei- er Marktzugang unter gleichen Wettbewerbsbedingungen), die Be son - derheiten des Gemeinschaftsrechts, das Zusammenspiel der Organe in einem einheitlichen institutionellen Rahmen, die Verpflichtung der Mit - gliedstaaten zu Solidarität und die Identität der Union weisen differen- zierte Integration in die Schranken. Während für das klassische Gemeinschaftshandeln vor allem Markt, Recht und Institutionen von Bedeutung sind, treten bei intergouvernementalen Fragen Solidarität und Identität in den Vordergrund. Im Bereich des Binnenmarkts sind der Flexibilität enge Grenzen gesetzt, während in der zweiten und dritten Säule die Toleranz gegenüber Differenzierungen höher ist. Sie dürfen je- doch den Zielen und Interessen der Union nicht entgegenstehen. In den gemeinschaftlichen Politikbereichen wurden und werden trotz Mehr - heits regeln Entscheidungen gewöhnlich im Konsens – und somit auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner – getroffen. Durch die Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit wird das Druckpotential für Zugeständ - nisse an die «Bremser» entschärft. Sie kann allerdings auch Auswirkun - gen auf das Zustandekommen von Paketlösungen durch «Kreuzkonzes - sio nen» haben. Die Nichtbeteiligung einiger Mitglieder kann zudem das Beschlussfassungsverfahren und die Erkennbarkeit der Gemeinschaft für Bürger und für Drittstaaten beeinträchtigen. Trotz der vertraglichen Verankerung der Möglichkeit flexibler Inte - gra tion in den EU-Verträgen ist die Diskussion über andere Flexi bi li - tätskonzepte nicht verstummt. Die Auseinandersetzung um die Finalität des europäischen Integrationsprozesses wurde im Mai 2000 vom deut- 83 
Flexibilität der EU gegenüber Mitgliedstaaten 188 Freiburghaus 2000, 164, 334–346.
	        

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