Volltext: Flexible Integration für Kleinstaaten?

zu Ausgleichsmassnahmen berechtigen (Art. 112–114 EWRA). Ein Streit über solche Massnahmen wiederum kann einem 
ad hocSchieds ge - richt unterbreitet werden. Das eigentliche Initiativrecht verblieb bei der Europäischen Kom - mission, die EFTA-Staaten haben jedoch nach Art. 5 EWRA die Mög - lich keit, Anliegen jederzeit im Gemeinsamen EWR-Ausschuss oder EWR-Rat zur Sprache zu bringen 
(droit dévocation).In beiden Gre - mien werden Beschlüsse im Einvernehmen zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Staaten gefasst. Überdies können auf der Grundlage einer Entwicklungsklausel (Art. 118 EWRA) Anträge auf Ausdehung des EWR-Abkommens auf neue Sachgebiete im EWR-Rat vorgebracht werden. Sein Charakter als gemischtes Abkommen und die damit zu- sammenhängenden Ratifikationserfordernisse erschweren jedoch ein solches Fortschreiten der Integration. Liechtenstein ist Vollmitglied des EWR und somit gleichberechtigt mit Norwegen und Island in den EFTA/EWR-Institutionen (EWR-Rat, Gemischter EWR-Ausschuss, ESA, EFTA-Gerichtshof, beratende EWR-Ausschüsse, einschliesslich des EWR-Vorsitzes) vertreten.330In Liechtenstein gilt der Vorrang des 
EWR-Acquisvor widersprüchlichem Landesrecht und auch die unmittelbare Wirkung des EWR-Rechts.331 Bis zum EWR-Beitritt hing Liechtensteins Position im europäischen Integrationsprozess gänzlich vom Zollanschluss an die Schweiz ab, an dessen Existenz die jeweiligen Zusatzübereinkommen der «indirekten Mit gliedschaft» geknüpft waren. Mit dem EWR-Beitritt hat das Fürsten - tum seine Integrationspolitik emanzipiert und ist der Gefahr der Media - tisie rung vorerst entgangen. Liechtenstein nimmt nicht mehr nur durch Einbeziehung in das Wirtschaftsgebiet und die Aussenwirtschaftspolitik eines Nachbarlandes am europäischen Integrationsprozess teil, sondern mittels einer eigenen multilateralen Integrationspolitik. Liechtenstein hat im EWR also rechtliche Handlungsfreiheit aufge- geben, aber in einigen Bereichen durch EWR-bedingte Liberalisierung und Loslösung von der Schweiz auch Spielraum gewonnen und gleich- 135 
Liechtensteins integrationspolitisches Regimegeflecht 330Regierung des Fürstentums Liechtenstein 1992a. 331Bruha und Gey-Ritter weisen zudem darauf hin, dass liechtensteinische Gerichte eine betont integrationsfreundliche Haltung einnehmen und dem EWR-Recht unter Umständen sogar Vorrang vor Verfassungsrecht einräumen. Bruha/Gey-Ritter 1998, 166–168.
	        

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