Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

arti kel eine an sich einschlägige Strafrechtsbestimmung als nicht an- wendbar. Das Gericht berief sich auf die verfassungsrechtlich und in Arti kel 10 EMRK garantierte Meinungsäusserungsfreiheit. Diese Ga ran - tie gelte – so der Staatsgerichtshof – nicht nur für günstig aufgenomme- ne oder als unschädlich oder unwichtig angesehene «Informationen» oder «Ge dan ken», sondern auch für diejenigen, die den Staat oder irgend einen Be völ kerungsteil verletzten, schockierten oder beunruhigten. Das ergäbe sich aus den Erfordernissen des Pluralismus, der Toleranz und der Gross zügigkeit, ohne die eine demokratische Gesellschaft nicht be- stehen könne. Es lag der folgende Sachverhalt vor: Der Beschwerdeführer verfas- ste in der Zeitschrift X einen Kommentar, der sich auf Vorgänge um die Stiftungen XY im Fürstentum Liechtenstein bezog. Darin hiess es u.a.: «Solange solche Firmenkonstruktionen wie Stiftungen etc. unkontrolliert handhabbar sind, solange verwinkelte Finanztrans - ak tionen nicht transparent gemacht werden können, solange bleibt der Vorwurf bestehen, dass Liechtenstein ein durch und durch ver- kommenes und verbrecherisches Staatsgebilde darstellt. Eine Eiterbeule im Herzen Europas, darauf spezialisiert, die «Geschäfte» von Betrügern, Gaunern und sons tigem Unrat zu verschleiern und somit zu ermöglichen. Eine fette Made, die von Scheisse lebt, aber nach aussen hin weiss ist und glänzt. Zer tre ten!» Der Beschwerde - füh rer wurde vom Landgericht wegen Herab wür digung des Staa tes im Sinne von § 248 Abs. 1 StGB zu einer Busse verurteilt; eine Be - rufung wurde u.a. mit der Begründung abgewiesen, die in Art. 10 EMRK gewährleistete Meinungsäusserungsfreiheit sei nicht ver - letzt, da die Einschränkung des Grundrechts auf einer gesetzlichen Grund lage beruhe. Der Staatsgerichtshof entschied demgegenüber, dass die Bestrafung des Journalisten mit der in der Landesverfassung und in der Europäi schen Menschenrechtskonvention verbürgten Meinungsäusse rungs frei heit nicht zu vereinbaren sei; zwar beruhe die Busse auf einer genügenden ge- setzlichen Basis, doch könne nicht davon die Rede sein, dass sie zur Abwehr einer Gefährdung der rechtsstaatlichen und demokratischen Grundlagen des Fürstentums Liechtenstein notwendig sei. Der Staatsgerichtshof führte wörtlich 
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Recht, Gericht, Gerechtigkeit
	        

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