Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

dass das Recht so gilt, wie es sich in seinem Wortlaut präsentiert. Dabei ist es aber auch möglich, dass sowohl ein wortlautkonformer wie auch ein vom Wortlaut abweichender, aber durch eine andere anerkannte Aus legungsmethode ermittelter Sinngehalt des Gesetzes dem Gerech - tig keits gebot entspricht oder eben – besser – willkürfrei ist, das Gesetz also eine Spannweite je vertretbarer Auslegungsvarianten offenhält: dass also auch eine dem Gesetzeswortlaut widersprechende Interpretation des Gesetzes vor dem Willkürverbot standhalten kann, wenn triftige Gründe ein solches Resultat der Auslegung indizieren. Es kann sich so- dann, wenn sich «intra legem» keine Lösung finden lässt, auch aufdrän- gen, dass der Richter «extra legem» eine Lücke zu füllen sucht, wobei er methodisch so vorgehen soll, wie wenn er selbst Gesetzgeber wäre.13 Ich will hier nicht weiter auf die Problematik der willkürfreien oder vor dem Gerechtigkeitsgebot standhaltenden Gesetzesauslegung14ein - gehen, sondern nur meine erste These wiederholen: Gerechtigkeit be- deutet zunächst Befolgung der Gesetze, wie immer deren Bestand und Inhalt ermittelt 
wird. Um als legitim zu erscheinen, müssen Gesetze in einem gerechten Verfahren entstanden sein Die Legitimität materiellen Rechts hängt von der Korrektheit ihrer Ent - stehungsweise ab. Die Fairness des Verfahrens der Willensbildung und der Entscheidfindung im Staat sind unerlässliche Voraussetzungen für das Vertrauen des Bürgers in das Recht, dem er unterworfen ist, und in das politische System, in das er hineingestellt ist und in dem er agiert. Klar bezeugt etwa die Praxis des Supreme Court der Vereinigten Staaten, 94Daniel 
Thürer 13Näheres hierzu etwa bei Daniel Thürer, Das Willkürverbot nach Art. 4 BV, in: ZSR 1987 II, S. 413 ff., insbesondere 475 ff. Vgl. zum Ganzen insbesondere etwa Claude Rouiller, La protection de l’individu contre l’arbitraire de l’Etat, in: ZSR 1997 II, S. 225 ff; Georg Müller, Reservate staatlicher Willkür, in: Festschrift für Hans Huber, Bern 1981, S. 109 ff.; Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz – Im Rahmen der Bun - des verfassung von 1999, der UNO-Pakte und der EMRK, Bern 1999, S. 467 ff.; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Regina Kiener, Allgemeines Verwaltungsrecht, Bern 2000, S. 118 ff. 14Zum Ganzen: Martin Schubarth, Der Richter zwischen Rationalität und Sensibilität, in: recht 1995, S. 151 ff.; Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Ver wal tungs - rechts, Vaduz 1998, S. 82 ff.
	        

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