lap pung der beiden Grundrechte doch auch wesentliche Unterschiede in deren Schutzfunktion herauszuarbeiten. Zu differenzieren ist danach primär im Bereich der Rechtsan wen - dung: Hier kann die Rechtsgleichheit nur betroffen sein, wenn zwischen zwei konkreten Fällen verglichen werden kann. Bei der Beurteilung ei- nes Einzelfalles kann höchstens Willkür vorliegen. Andererseits kann etwa die Ermessensausübung in zwei vergleichbaren Fällen zwar rechts - un gleich, jedoch jeweils im Ermessensrahmen und somit willkürfrei erfol gen.53Schliesslich können zwei vergleichbare Fälle durchaus rechts - gleich behandelt werden, und trotzdem können beide Fälle willkürlich entschieden worden sein, weil sie auf einer völlig unsachlichen Argu - men tation beruhen. Eine weitergehende Überlappung von Gleichheitssatz und Will kür - ver bot hat der Staatsgerichtshof dagegen bei der Rechtsetzung kon sta - tiert, wo die Prüfung auch im Lichte des Gleichheitssatzes darauf hin - aus läuft, ob der Gesetzgeber gleich zu behandelnde Sachverhalte bzw. Personengruppen ohne einen vertretbaren Grund und somit eben in willkürlicher Weise ungleich behandelt.54Allerdings hat der Staats ge - richts hof kürzlich doch auch in bezug auf die Rechtsetzung eine Diffe - ren zierung zwischen Willkürverbot und Rechtsgleichheitsgebot vor ge - nommen, und zwar dann, wenn es um eine eigentliche Diskriminierung (also eine Ungleichbehandlung aufgrund der Rasse, Sprache, Religions - zu gehörigkeit etc.) geht. Falls solche besonders «suspekten» gesetz ge be - ri schen Ungleichbehandlungen gerügt werden, hat der Staatsgerichtshof eine nicht nur auf Willkür beschränkte Vertretbarkeitsprüfung, sondern eine differenzierte Normenkontrolle in Aussicht gestellt.55Dies ent - spricht der vom Staatsgerichtshof nach der Schaffung des neuen Art. 31 Abs. 2 LV hinsichtlich gesetzgeberischen Verstössen gegen das Ge - schlech terdiskriminierungsverbot angewandten strengen Überprüfungs - 77
Schwerpunkte in der Entwicklung der Grundrechtssprechung 53In StGH 1998/45, LES 2000, 1 (5 f. Erw. 4.1) wird unter Verweis auf Thürer, S. 433, auch das Beispiel der erstmaligen Anwendung einer Ermessensklausel bzw. eines un be - stimmten Rechtsbegriffs angeführt, welche willkürlich sein kann, ohne gegen das Gleich heitsgebot zu verstossen. 54Siehe StGH 1997/14, LES 1998, 264 (267 Erw. 2) mit Verweis auf Haefliger, S. 62 f. 55Siehe StGH 1998/2, LES 1999, 158 (161 Erw. 2.2) mit Verweis auf Kälin, Ausländer dis - kri minierung, S. 568. Ähnlich hat der amerikanische Supreme Court eine Recht spre - chung entwickelt, wonach bei «suspect classifications» des Gesetzgebers eine grössere Kontrolldichte angewendet wird als bei anderen Differenzierungen; siehe hierzu Kälin, a.a.O., S. 579 f.