Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

anderen Rechtsnormen, ihre Anerkennung als unverbrüchliche normati- ve Grundordnung des Staates konnte sich im Konstitutionalismus noch nicht durchsetzen.74 Der Verfassungsgeber tritt nun für den Vorrang der Verfassung vor dem einfachen Gesetz ein. Dies war bisher unter dem Regime der Kon - sti tutionellen Verfassung 1862 nicht möglich.75Es bestand daher die Not wendigkeit, zum Schutz der Verfassung den Staatsgerichtshof mit um fangreichen Kompetenzen auszustatten. Der Verfassungsgeber ver- ficht damit die Postulate des politischen Liberalismus auf staatsrecht - lichem Gebiet.76Josef Peer war ein Liberaler77und damit wohl ein Ver - fech ter des Justizstaatsgedankens. Darin stimmt er mit Wilhelm Beck überein. So verstärkte Josef Peer in der Regierungsvorlage justizstaat - liche Elemente in der Verfassung, wie dies am Beispiel der Prüfung der Regierungsverordnungen auf ihre Verfassungs- und Gesetzmässigkeit durch den Staatsgerichtshof offenkundig wird. Eine solche Vorschrift war in den Schlossabmachungen nicht ausgehandelt worden. Sie kam erst durch seine Initiative in die Verfassung und führte gegenüber den Schloss abmachungen noch zu einer Verstärkung der Ver fassungs ge - richtsbarkeit. cc) Abkehr vom bisherigen Justizsystem Die Entscheidung für eine starke Verfassungsgerichtsbarkeit in Gestalt der Normenkontrolle, wie sie in den Schlossabmachungen für die Geset - zes prüfung und in der Regierungsvorlage auch für die Verordnungs prü - fung festgelegt wurde, bedeutet eine klare Abwendung vom bisherigen Justizsystem. Der Staatsgerichtshof steht über dem Gesetzgeber, also auch über dem Fürsten als Mitgesetzgeber neben dem Landtag (Volk). Dies wäre noch unter dem Regime der Konstitutionellen Ver fassung 1862 undenkbar gewesen und hätte einen Verstoss gegen das monar chi - sche Prinzip 
bedeutet.7825 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein 74So Friesenhahn, S. 12. 75Vgl. die bei Schmidt, S. 136/Anm. 318, angeführte Literatur. 76So Fricke, S. 73. 77Siehe Quaderer, Hintergrund der Verfassungsdiskussion, S. 122/Anm. 41. 78So Fricke, S. 69.
	        

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