Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

der Bestimmungen dieser Verfassung ausgeübt» wird (Art. 2 LV 1921). Sie sind als Gesetzgeber an die Verfassung, die zur gemeinsamen norma- tiven Grundlage geworden ist, gebunden. Über die Verfassungsmässigkeit von Gesetzen und die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit der Verordnungen der Regierung wacht und ent- scheidet der Staatsgerichtshof (Art. 104 LV), wie er auch über Aus le - gungs zweifel von Verfassungsbestimmungen, die nicht durch Überein- kunft der gesetzgebenden Organe beseitigt werden können, entscheidet (Art. 112 LV). Diese Bestimmung soll allerdings nach dem Verfassungs - vor schlag des Fürstenhauses vom 2. Februar 2000 ersatzlos aus dem Ver - fas sungsbestand eliminiert bzw. durch einen neuen Art. 112 ersetzt wer- den, der einerseits das Verfahren über einen Misstrauensantrag gegen den Landesfürsten und andererseits ein Verfahren über die Abschaffung der Monarchie zum Gegenstand hat, da es für den Landesfürsten keine rechtliche Bindung in Verfassungsfragen geben soll. Ein solcher Ver fas - sungsstandpunkt bedeutet einen Rückfall in den vormaligen Konsti tu - tionalismus der Verfassung 1862. Um möglichst alle staatliche Gewalt der Kontrolle durch ein Ge - richt zu unterwerfen, was noch in Lehre und Praxis der konstitutionel- len deutschen Monarchien des 19. Jahrhunderts und auch in der Kon sti - tu tionellen Verfassung 1862 abgelehnt wurde, wollte Josef Peer eine Ausweitung der Verfassungsgerichtsbarkeit auch auf die Auslegung der Verfassung, wenn ihr Inhalt oder Sinn zwischen «Regierung (Fürst) und Landtag»66streitig ist.67Art. 112 der Verfassung 1921 beinhaltet daher mehr als nur eine blosse Nachführung von schon bestehendem Verfas - sungs recht (§ 122 LV von 1862). Es werden im Unterschied zur Konsti - tu tionellen Verfassung 1862 der fürstlichen Gewalt von Verfassungs we- gen Grenzen durch die Verfassung im Wege der Verfassungs ge richts bar - keit gezogen. Es sollen Verfassungsstreitigkeiten mit dem andern Träger der Staatsgewalt (Landtag/Volk) nicht im Wege eines Schieds spruchs oder gar eines Machtspruchs des Fürsten bereinigt werden, sondern im Wege gerichtlicher Entscheidung, die der Staatsgerichtshof zu fällen hat.68Es bedurfte eines von diesen Akteuren unabhängigen Kon troll me - 23 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein 66So Marxer, S. 85. 67Vgl. auch StGH 1995/25, Gutachten vom 23. November 1998, LES 3/1999, S. 141 (148); Batliner, Aktuelle Fragen, S. 77/Rdnr. 145. 68Vgl. auch Wintrich/Lechner, S. 648.
	        

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